Osterbrief 2015

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

Volltext

Hier finden Sie nährere Details und eine kurze Einführung in das Dokument!
http://www.milpfarrewien.info/index_htm_files/Pfarrbrief15_01.pdf, Stand: 2015-07-07

2015-03-00
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Osterbrief 2015

Liebe Soldatinnen und Soldaten!
Liebe Bedienstete des Österreichischen Bundesheeres und ihre Angehörigen!
Brüder und Schwestern im Herrn!


Mit großem Staunen hören wir heute die Botschaft von der Auferstehung Christi. Aber es sind gar nicht so sehr die wunderbaren Ereignisse: das leere Grab, die Engel am Eingang des Grabes, der geheimnisvolle Reisegefährte, dessen Wort das Herz brennen lässt und der plötzlich verschwindet. Das alles wird meist sehr schnell abgetan als schöne Märchen oder tiefe Symbole oder Beispiele für Vorstellungen längst vergangener Zeiten.

Es ist vielmehr die ständige Rede von der Freiheit in den biblischen Texten, die uns heute seltsam und erstaunlich vorkommt.

Die ersten Christen, die sich eigentlich fürchten müssten vor der großen Mehrheit, die sie ablehnt oder der sie gleichgültig sind; die ganz eng zusammenrücken müssten, eine kleine Herde mit einer provokanten Botschaft in einer feindlichen, gefährlichen Welt; diese ersten Christen gehen plötzlich hinaus und erzählen von ihrer Befreiung. Sie lösen sich von alten Gewohnheiten und Regeln und öffnen ihre Gemeinschaft für die ganze Welt, für alle, die mit ihnen gehen wollen. Es ist vor allem der Apostel Paulus, der die Freiheit immer und immer wieder als das grundlegende Merkmal seines neuen Glaubens herausstellt.

Heute ist der Glaube an Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, vielen fremd und gleichgültig geworden und scheint der individuellen Gestaltung eines erfüllten Lebens eher im Weg zu stehen.

In den Augen vieler Menschen ist die Kirche gleichsam zum Ägypten des Pharao geworden, das die Menschen niederhält und für dumm verkauft und zu Sklaven des Systems macht. Dass man so von Kirche und Christentum denkt, ist sehr schade. Viel gefährlicher aber ist, dass man darüber den Blick verliert auf das, was den Menschen wirklich unfrei macht und versklavt: sozialer Druck, wirtschaftliche Ausbeutung, die Einstellung, immer zuerst auf sich und den eigenen Vorteil schauen zu müssen, Konsumorientierung und eine immer stärker um sich greifende Kultur des Todes im Umgang mit dem menschlichen Leben an seinem Anfang und an seinem Ende.

Papst Franziskus hat in seiner diesjährigen Weltfriedensbotschaft verschiedene Formen moderner Sklaverei benannt: die Ausbeutung von (auch minderjährigen) Arbeitern; die Lebensbedingungen vieler Migranten, die um ihr Eigentum gebracht, psychisch oder sexuell missbraucht, unter unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten oder in die Illegalität gedrängt werden; Zwangsprostitution; der Menschenhandel und die Entführung durch terroristische Gruppen.

Auch das Grundrecht auf Religionsfreiheit und freie Religionsausübung wird heute noch in vielen Ländern der Erde missachtet. Anhänger religiöser Minderheiten werden unterdrückt, enteignet, vertrieben, gefoltert oder sogar ermordet. Im Nahen Osten sind es vor allem die christlichen Gemeinschaften, die zwischen alle Fronten geraten und die es dort vielleicht bald nicht mehr geben wird. In den Territorien des „Islamischen Staats“ müssen alle jene um ihre Freiheit und ihre Existenz fürchten, die anderen religiösen Gruppen angehören bzw. sich nicht an die sehr spezielle Auslegung islamischen Rechts halten. Dazu gehören neben Jesiden und Christen auch viele Muslime.

Beten wir für sie und alle Opfer von Unterdrückung und Gewalt, dass sie und ihre Kinder wieder in Freiheit und Würde leben können!
Beten wir auch für alle, die sich hier in Österreich und in aller Welt für den Schutz der Freiheitsrechte anderer Menschen einsetzen und dabei Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit in Kauf nehmen! Beten wir besonders für die Polizisten und Soldaten in ihrem oft schwierigen und gefahrvollen Dienst der Sicherung und Wiederherstellung von Freiheit und Menschenrechten im In- und Ausland!

Beten wir schließlich für uns alle: Die Feier des Todes und der Auferstehung Christi möge unsere Hoffnung stärken und uns in unserem christlichen Handeln die Freude und die Freiheit eines Lebens mit Gott erfahren lassen!