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Vortrag von Militärbischof Mag. Christian Werner anlässlich des Symposiums "Der Ruf des Gewissens" an der Landesverteidigungsakademie

Der Militärbischof von Österreich, Mag. Christian Werner, hielt am 30. November 2004 an der Landesverteidigungsakademie des Österreichischen Bundesheeres im Rahmen des Symposiums „Der Ruf des Gewissens – Widersand gegen Nationalsozialismus zwischen „Walküre“ und “Radetzky“ einen Vortrag mit dem Titel „Widerstand gegen die Staatsgewalt als ethisches Problem“.

Der Herr Militärbischof betonte die Bedeutung der Reflexion über ethische Prinzipien, auch wenn diese den Reichtum und die Komplexität konkreter Entscheidungssituationen nicht vollkommen einfangen können. Es ist dennoch unbedingt erforderlich, über ethische Grundprinzipien und Grundsätze nachzudenken. Auch die Beantwortung der Frage des Widerstandsrechts geschieht nicht unabhängig von den Antworten auf Grundfragen der politischen Ethik, wie die Frage nach der ethischen Begründung und Begrenzung politischer Macht, nach der Legitimität von Autorität und der Bedingungen des Gehorsams sowie nach den ethischen Grundlagen des Rechtes.

Exzellenz machte auch auf problematische Aspekte im Gebrauch des Wortes „Widerstand“ heute aufmerksam: Gefahren einer inflationären Verwendung des Widerstandsbegriffs, die Problematik einer grundsätzlichen Widerstandshaltung gegen ein als ungerecht empfundenes ökonomisches System unserer globalisierten Welt, andererseits auch die Mentalität weitgehender Nichtbeachtung oder Aushöhlung bestehender Regelungen und Vorschriften.

„Mit der Anerkennung des Widerstandsrechts wird zugleich mit anerkannt, dass der Staat nicht der letzte Ursprung allen Rechtes ist.“ Hier steht im Mittelpunkt des politischen Denkens der Mensch mit seiner unverlierbaren Würde. Grundlegende Aufgabe des Staates ist es daher, „das Gemeinwohl der bürgerlichen Gesellschaft, der Bürger und der kleineren Gemeinwesen zu schützen und zu fördern“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1910). Aus diesem Ansatz politischer Ethik folgt die Begründung des Rechtes und der Pflicht zum Widerstand: „Der Bürger hat die Gewissenspflicht, die Vorschriften der staatlichen Autoritäten nicht zu befolgen, wenn diese Anordnungen der Forderungen des sittlichen Ordnung, den Grundrechten des Menschen oder den Weisungen des Evangeliums widersprechen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2242).

Die Kirche erhebt nicht den Anspruch, mit ihrer Lehre fertige Lösungen für konkrete und komplexe Probleme vorzulegen. Es geht ihr aber darum, Kriterien für die Gewissensbildung und das Gewissen verantwortlich handelnder Menschen zu formulieren.

„Die Frage des Widerstandsrechts gegen staatliche Gewalt bringt im Kontext des Militärs eine besondere Problematik mit sich“ – so der österreichische Militärbischof. Im Dienst des Staates sind die Soldaten dem Staat besonderer Loyalität und Treue verpflichtet. In den Armeen demokratischer Rechtsstaaten unterliegen die Befehlsgebung und die Gehorsamspflicht klaren ethischen und rechtlichen Einschränkungen. Andererseits sind die Soldaten durch eine selbstverständliche Haltung der Gehorsamsbereitschaft geprägt.

Vor diesem Hintergrund ist dem Militärbischof die ethische Bildung der Soldaten ein besonderes Anliegen. Obwohl die Beschränkung auf eine eng gefasste Professionalität manchmal nutzbringender und ökonomischer erscheinen mag, ist und darf die Gewissensbildung der Soldaten kein unnötiger Luxus sein. Exzellenz rief in diesem Zusammenhang die Vorfälle im Irak sowie auch Vorkommnisse während der Vorbereitung und Ausbildung von Soldaten in Erinnerung. Auf diesem Gebiet möchte sich die Militärseelsorge in Österreich mehr einbringen. Auch aus diesem Grund wurde von Exzellenz das „Institut für Religion und Frieden beim Militärbischofsamt“ ins Leben gerufen. „Wir sind dies letztlich unseren Soldaten schuldig, die ja die Hauptlast der Anforderungen in künftigen Kriseneinsätzen zu tragen haben werden.“

Im Zentrum der Überlegungen dieses Symposiums stand die Geschichte des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Um aus dieser Geschichte etwas lernen zu können, müssen wir – ausgehend von historischen Erfahrungen – „zu einem klareren Bewusstsein für das hier und heute sittlich Gebotene und Verpflichtende kommen.“

 

Mag. Christian Werner
Militärbischof von Österreich