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"Auch zwei Jahre nach dem schweren Dammbruch in Brumadinho in der Region Minas Gerais im Südosten Brasiliens, ist die Situation der Bevölkerung vor Ort noch immer katastrophal". Das hat Bischof Werner Freistetter am Montag in einer Aussendung anlässlich des zweiten Jahrestags der Katastrophe vom 25. Jänner 2019 betont. Bei dem Unglück, das mehr als 270 Menschen das Leben kostete, wurde giftiger Schlamm freigesetzt, der über Kilometer eine Schneise der Verwüstung hinterließ und die Gegend weiträumig unbewohnbar gemacht hat. Heute ist die Region zudem schwer vom grassierenden Coronavirus betroffen.
Freistetter ist innerhalb der österreichischen Bischofskonferenz als Referatsbischof für Mission und Entwicklung u.a. auch für die Dreikönigsaktion zuständig, die die Menschen in der Region Minas Gerais unterstützt. Seit einem Lokalaugenschein im Herbst 2019 ist Bischof Freistetter besonders mit der Region und der Diözese verbunden.
Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen
"Die Verantwortung für das Unglück wird von den ansässigen Bergbauunternehmen noch immer nicht ausreichend wahrgenommen", kritisierte Freistetter. Dabei sei es unübersehbar, welche fatalen Auswirkungen der Bergbau habe, der keine Rücksicht auf die Umwelt oder Menschenrechte nimmt. Die Notwendigkeit von verbindlichen internationalen Mechanismen für eine Unternehmensverantwortung im Blick auf Menschenrechte und Umweltschutz werde hier besonders deutlich.
Freistetter hatte sich deshalb im vergangenen Herbst einem internationalen Appell angeschlossen, in dem 230 Bischöfe aus über 40 Ländern strengere Gesetze forderten, um Unternehmen und Konzerne zu Umweltschutz und zur Achtung der Menschenrechte zu verpflichten.
Die österreichische Militärdiözese unterstützt zudem die psychosoziale und pastorale Arbeit der Diözese in der Region Minas Gerais und des für die Region zuständigen Weihbischofs, Dom Vicente Ferreira. "Ich habe in den Gesprächen bei meinem Besuch die tiefe Verwundung und Hoffnungslosigkeit bei den Menschen bemerkt", so Bischof Freistetter. Heute sei mit Unterstützung der Militärdiözese ein junges Pastoralteam in der Region tätig, dessen Arbeit von pastoraler Begleitung, akuter Notfallhilfe in Pandemiezeiten für die vom Dammbruch Betroffenen bis hin zu alternativen einkommensschaffenden Projekten reicht.
"Die Kirche ist in der Region eine konstante und vertrauenswürdigen Begleiterin der Menschen vor Ort", so der Bischof. Es gehe dabei nicht nur um Geld, sondern auch um menschliche Anteilnahme, "dass die Menschen spüren, da ist jemand, der sich um sie annimmt, dass sie nicht vergessen sind".
Österreichs Bischöfe unterstützen das anstehende Klimavolksbegehren. Das betonen sie in ihrer Erklärung zum Abschluss der Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell. Wörtlich halten die Bischöfe fest: "Die Folgen des globalen Klimawandels werden längerfristig weitaus verheerender ausfallen als jene der aktuellen Pandemie." Deshalb braucht es den "Geist der Achtsamkeit und Entschlossenheit", so die Bischöfe in Anspielung auf ihr pfingstliches Hirtenwort, in dem sie die Zukunftsperspektive einer geistvoll erneuerten Normalität in Österreich skizzieren.
Die Bischöfe verweisen auf Papst Franziskus. Dieser habe schon vor fünf Jahren im programmatischen Dokument "Laudato si" dargelegt, wie die ökologischen und sozialen Krisen durch eine persönliche Umkehr hin zu einem nachhaltigen und verantwortungsvollen Lebensstil überwunden werden können. Damit verbunden brauche es verbindliche Regeln für eine ökologische und soziale Wirtschaft, die dem Menschen dient.
Mit der gegenwärtigen Wiederbelebung der Wirtschaft würden sich Möglichkeiten ergeben, emissionsarme und klimasensible Wirtschaftskreisläufe zu schaffen, zeigen sich die Bischöfe zuversichtlich. Zugleich halten sie fest: "Eine lebendige, florierende Wirtschaft muss keine maßlos wachsende Wirtschaft sein." Und das gelte auch für den Konsum: "Konsum ja, aber mit Maß und Ziel. Das heillose Immer-Mehr zerstört das Leben. Vor diesem Hintergrund würden die Bischöfe das anstehende Klimavolksbegehren unterstützen. - Die Eintragungswoche für das Klimavolksbegehren ist österreichweit von 22. bis 29. Juni.
Unterstützung für Kirche in Brasilien
In ihrer Erklärung erinnern die Bischöfe auch an die im Oktober 2019 stattgefundene Amazonien-Synode. Diese habe die Not der Indigenen, die Bedrohung des Regenwaldes und die damit verbundenen globalen Auswirkungen anschaulich vor Augen geführt. Durch die Pandemie habe sich die Situation nun dramatisch verschärft. Wie Bischof Erwin Kräutler berichtet, seien Indigene durch das Coronavirus besonders gefährdet. Durch das illegale Eindringen von Holzfällern oder Goldsuchern könnten ganze Völker dem Virus zum Opfer fallen.
Die politische Führung in Brasilien sei dafür allerdings "blind und fördert sogar die Abholzung des Regenwaldes und die Ausbeutung von Rohstoffen in Amazonien". Die katholischen Bischöfe in Brasilien hätten dagegen entschieden Stellung bezogen "und sie benötigen dafür auch unsere Unterstützung und Solidarität", so die heimischen Bischöfe.
Österreichs Militärbischof Werner Freistetter bricht am Montag zu einer Brasilien-Reise mit Besuchen von Projekten und Projektpartnern der Dreikönigsaktion auf. Begleitet von Vertretern des Hilfswerks der Katholischen Jungschar, wird er u.a. die von Schlammlawinen und Dammbrüchen betroffene Region im Südwesten des Landes besuchen, zudem stehen auch Treffen mit brasilianischen Bischöfen auf dem Programm. Freistetter ist innerhalb der österreichischen Bischofskonferenz Referatsbischof für Mission und Entwicklung und dabei u.a. auch für die Dreikönigsaktion zuständig.
"Wir haben als Kirche den klaren Auftrag, uns für die Bewahrung der Schöpfung mit allen uns zu Verfügung stehenden Mitteln einzusetzen", erklärte Freistetter im Vorfeld des Besuches. Die ökologische Frage werde in den zwei Wochen ebenso Thema sein wie soziale Probleme vor Ort. Dass beide Dimensionen eng verbunden seien, zeigten die in Brasilien geschehenen Naturzerstörungen sehr deutlich. "Neben der ökologischen Katastrophe infolge des giftigen Schlamms ist auch die Zerstörung von Familien und ganzen Dorfgemeinschaften eine dramatische Folge", so der Militärbischof.
Fokus auf Giftschlamm-Tragödie
Besonders deutlich wird dies in Brumadinho und Mariana, zwei Orten im Umland der Stadt Belo Horizonte, auf denen der Schwerpunkt von Freistetters Reise liegt. In den hier ansässigen Eisenerzminen kam es 2015 und erneut im Frühjahr 2019 zu Schlammlawinen und Dammbrüchen. Der giftige Schlamm begrub in Folge Häuser, Kirchen und ganze Dörfer unter sich und forderte hunderte Todesopfer. Auch zahlreiche Hilfsprojekte der österreichischen Dreikönigsaktion in der Region wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Ein umfangreiches Soforthilfepaket der Hilfsorganisation soll die Betroffenen rasch und unbürokratisch unterstützen.
Es habe sich jeweils um eine "angekündigte Tragödie" gehandelt, heißt es seitens der Dreikönigsaktion unter Berufung auf ihre Partnerorganisationen vor Ort. Schließlich habe die brasilianische Zivilgesellschaft bereits im Vorfeld immer wieder auf die Risikoanfälligkeit der Rückhaltedämme hingewiesen und vor dem Bersten weiterer Dämme gewarnt. Bei den zuständigen Unternehmen wie auch der Politik sei man dabei aber stets auf taube Ohren gestoßen, so die Dreikönigsaktion.
Da in die Schlammkatastrophen auch etliche europäische Firmen verwickelt waren, hatte die Österreichische Bischofskonferenz im Oktober von Konzernen mehr Menschenrechtsverantwortung eingefordert. "Die geltenden Rechtsinstitutionen werden den Herausforderungen nicht gerecht", kritisierte "Weltkirche-Bischof" Freistetter. An die österreichische Bundesregierung appellierte er, sich als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates aktiv für ein diesbezügliches globales Abkommen einzusetzen.
Folgewirkungen der Synode
Freistetter wird schließlich in der Stadt Belo Horizonte den dortigen Erzbischof und Vorsitzenden der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB), Walmor Oliveira de Azevedo, treffen, sowie auch Weihbischof Vicente de Paula Ferreira. In der Stadt Brasilia steht zudem ein Treffen mit dem Sekretär der Bischofskonferenz, Dom Joel Portella, auf dem Programm. Wie Freistetter bekanntgab, soll es in den Gesprächen besonders um die aktuelle Situation der Kirche in Brasilien wie auch um die Auswirkungen der kürzlich im Vatikan zu Ende gegangenen Amazoniensynode gehen.
Brasilien ist ein Schwerpunktland der Dreikönigsaktion, die schon seit den 1980er-Jahren mit dem dortigen Indigenenrat CIMI, der Landlosenbewegung oder zahlreichen kleineren Partnern in derzeit 29 Projekten intensiv kooperiert. Das Hilfswerk, das jährlich die österreichweite Sternsingeraktion koordiniert, ist auch für die fachlich fundierte Vergabe der dabei gesammelten Spendengelder zuständig. Bei den insgesamt 500 unterstützten Projekten werden über eine Million Menschen in den Armutsregionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas direkt erreicht. Inhaltlich geht es dabei vor allem um Förderung von Kindern und Jugendlichen, Bildung, Sicherung von Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung, um die Wahrung der Menschenrechte und Pastoralarbeit als Dienst der Kirche an den Schwächsten.
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