2013-09-30 - Schwarzenbergkaserne, Wals-Siezenheim
Österreichisches Militärordinariat - Werner, Christian, Militärbischof
Eröffnungsrede auf der Diözesansynode
Es gilt das gesprochene Wort.
Liebe Gläubige, liebe Synodale, liebe Mitbrüder, liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Gäste!
Es ist mir eine große Freude, euch hier bei unserer Diözesansynode begrüßen zu dürfen! Ich bin sehr froh und stolz, dass so viele gekommen sind, Soldaten und Soldatinnen aller Dienstgrade, Grundwehrdiener, Chargen, Unteroffiziere, Offiziere, Zivilbedienstete, Ressortangehörige im Ruhestand und Freunde der Militärseelsorge!
Besonders freue ich mich, die Beobachter und Gäste der Synode begrüßen zu dürfen:
[Aufzählung]
Für unsere junge Diözese ist dieser Anlass etwas ganz Neues. Noch nie sind wir auf so breiter Basis zusammengekommen, um über die Zukunft der Militärseelsorge zu bera-ten.
Wir befinden uns in einer Zeit des Umbruchs. In Kirche und im Militär wird nach neuen, gangbaren Wegen gesucht, um den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.
Im Österreichischen Bundesheer befinden wir uns seit vielen Jahren in einem perma-nenten Umstrukturierungsprozess. Aller Voraussicht nach wird das in absehbarer Zu-kunft nicht viel anders werden, und wir müssen uns auf diese Gegebenheiten einstel-len, so gut uns das möglich ist.
In den Arbeitsgruppen dieser Synode wird genügend Zeit dafür zur Verfügung stehen, die veränderten Bedingungen zu analysieren, Probleme und Chancen zu diskutieren und Optionen für eine künftige Pastoral zu entwerfen.
Ich möchte euch ermutigen, in diesen für viele von euch auch persönlich schwierigen Zeiten nicht den Mut und vor allem nicht unser Ziel aus den Augen zu verlieren. Gute Arbeits- und Lebensbedingungen sind für alle von entscheidender Bedeutung. Ohne sie wäre es viel schwieriger, unsere Aufgaben in Familie und Beruf zu erfüllen und daran auch wachsen zu können.
Auf durchdachte und effiziente Strukturen ist die Militärseelsorge genauso angewiesen wie alle anderen militärischen Dienststellen. Auch sie sollen und werden Thema dieser Synode sein.
Im Grunde geht es aber in der Seelsorge um mehr als das: um den Menschen selbst, seine Beziehungen zu anderen und zu Gott.
Das Jahr des Glaubens, das diesen Herbst zu Ende geht, soll uns dazu ermutigen, unseren Glauben neu zu entdecken. Eine neue Evangelisierung in diesem Sinn geht von den Herzen von Menschen aus, die sich von der Botschaft Jesu berühren lassen. Die Seelsorge im Militär ist Herausforderung und große Chance zugleich, weil wir mit vielen Menschen in Berührung kommen, deren Glaube längst verborgen oder verschüttet wurde und die mit der Kirche sonst nicht viel zu tun haben wollen.
Das Jahr des Glaubens ruft uns in Erinnerung, was immer schon Aufgabe der Seelsorge war: sich mit den Menschen zu freuen und sie zu trösten, ihnen zu helfen, wenn sie in Not sind, und vor allem Ihnen in ihren verletzlichsten Bereichen beizustehen: in ihrer Sterblichkeit, in ihrer Schuld, in Momenten der Verzweiflung und Aussichtslosigkeit, in ihrer Hoffnung auf eine bessere Zukunft in dieser Welt, auf eine Zukunft über den Tod hinaus.
Diesen Glauben gibt es nie ohne Hoffnung, wie der Hebräerbrief bekennt, wenn er den Glauben bestimmt als „Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“ (Hebr 11, 1). Und seine Erfüllung findet er nur in der Liebe; er geht über sich hinaus auf den anderen zu, zunächst auf andere Menschen, denen er sich öffnet, die er aber nie besitzen, zu Ende durchschauen kann. Am Ende dieser Liebe steht Gott. Am Ende steht aber auch die Einsicht, dass Gott zugleich der Anfang dieser Liebe war: „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4, 16).
Das klingt jetzt zwar alles wenig militärisch. Glaube lässt sich nicht durch Befehle erzwingen, die das Rückgrat jeder militärischen Organisation darstellen. Zwangsverpflichtungen für Gottesdienste wahren zwar manchmal den Anschein, sind aber für den Glauben der Gezwungenen kaum förderlich, eher im Gegenteil. Aber auch das Erteilen und Befolgen von Befehlen ist nur eine – formale – Dimension des militärischen Dienstbetriebs. Ebenso wichtig sind Motivation, Bereitschaft und Fähigkeit zur Kooperation, soziale Kompetenz, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein, Kameradschaft und die Bereitschaft, sich für die Sicherheit der Mitmenschen und den Schutz von Grundrechten einzusetzen – über Gruppendenken und nationale Zugehörigkeiten hinaus.
Der Heilige Thomas von Aquin sieht den Dienst des Soldaten, wenn er richtig verstanden wird, als Liebesdienst. Und ich möchte sagen: Das ist von dem, wie wir heute den Dienst des Soldaten verstehen können, nicht so weit entfernt. Das Zweite Vatikanische Konzil verurteilt den Krieg, bringt dem Dienst des Soldaten aber große Wertschätzung entgegen: „Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“ (GS 79)
Die Aufgabe der Militärseelsorge ist nicht, wie manche meinen, moralische Werte in die angeblich grundsätzlich unmoralische Welt des Militärs zu bringen. Sie soll im Mili-tär auch keine letzte staatlich geschützte Rückzugsmöglichkeit des christlichen Öster-reich suchen. Die Aufgabe der Militärseelsorge ist eine andere: Sie ermöglicht gläubi-gen Soldaten freie Religionsausübung auch unter schwierigen (Einsatz)Bedin¬gungen und unterstützt die Soldaten dabei, ihren Dienst auf religiös und moralisch verant-wortbare Weise zu erfüllen. Dass der österreichische Staat die Militärseelsorge in den Kasernen und im Einsatz ermöglicht und unterstützt, ist kein Relikt längst vergangener Zeiten, sondern zeigt, wie wichtig ihm das Menschenrecht auf freie Religionsausübung, ihre Menschenwürde und die persönlich verantwortbare Auftragserfüllung ist.
Wenn ich von Militärseelsorge spreche, dann meine ich nicht nur die Militärpfarrer, -diakone und -pfarradjunkten, die sehr wichtige Aufgaben erfüllen, sondern ihr alle seid Glieder der Kirche im Hl. Geist. Ihr alle steht hier für die Militärseelsorge, die „Kirche unter den Soldaten“.
Nur als ganze kann die Kirche missionarisch und Apostolat der Hoffnung sein: Nur wenn wir zusammen in unserem Dienst und in unserem Leben im Heiligen Geist Chris-tus sichtbar machen, können wir darauf hoffen, Menschen für die Nachfolge Christi zu gewinnen.
Wenn wir jetzt in die Beratungen der Synode gehen, mögen wir uns daran erinnern, dass wir alle keine perfekten, fehler- und sündenfreien Menschen sind. Vielleicht ist dieses gemeinsame Feiern und Beten, Nachdenken und Reden eine gute Gelegenheit, auch wieder über uns selbst nachzudenken und die Kritik an den Menschen und Insti-tutionen bei uns selbst beginnen lassen. Ich ermutige Euch sehr, das zu tun. Ich weiß, dass das viel schwieriger ist, als auf die anderen herabzuschauen und diese und jene Vorgesetzten, Kameraden oder Dienststellen zu kritisieren. Die Splitter im Auge des anderen zu sehen ist viel leichter als den Balken im eigenen Auge (Mt 7, 1-5).
Auch ich bin ein Sünder, ich bin nicht vollkommen und weiß auch nicht auf jedes Prob-lem eine Antwort. Ich bitte euch, euer Wissen, eure Fähigkeiten und Erfahrungen ein-zubringen und euch auch kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Deshalb habe ich diese Synode einberufen. Nur so kann es uns gelingen, Probleme in ihrer ganzen Tragweite in den Blick zu bekommen und neue Wege zu entdecken, wo es anscheinend nur Hinder-nisse gibt. Gemeinsam können wir besser und weiter sehen, gemeinsam können wir einander in geschwisterlicher Liebe korrigieren und ermutigen.
Ich hoffe sehr, dass diese Synode ein hoffnungsvoller Aufbruch sein wird in ein neues Miteinander und eine frohe und arbeitsreiche Zukunft unserer Diözese.