2014-04-14 - Wiener Neustadt
Österreichisches Militärordinariat - Werner, Christian, Militärbischof
Predigt während der Chrisammesse
Lesungen: Jes 61, 1-3a.6a.8b-9; Offb 1, 5-8; Evangelium: Lk 4, 16-21
Hochwürdigster Herr Apostolischer Nuntius, liebe Mitbrüder im Priester- und diakonalen Amt! Liebe Brüder und Schwestern!
Das heutige Evangelium ist für uns Priester und Prediger besonders schön, weil es zeigt, wie Jesus selbst predigt und wie seine Predigt Erfolg hat. Dabei handelt es sich um eine ganz besondere Predigt: Es ist die erste Predigt, von der Lukas berichtet. Jesus spricht in seiner Heimatstadt vor seinen Verwandten und Bekannten.
Manche von euch erinnern sich vielleicht noch an ihre erste Predigt daheim, bei der Heimatprimiz.
Eine Sache ist bei Jesus schon sehr auffällig: Er scheint kurz und sehr einfach gesprochen zu haben.
Er schlägt eine Stelle im Buch des Propheten Jesaja auf und liest die wunderschöne Stelle vom Gnadenjahr des Herrn, von der frohen Botschaft für die Armen, von der Befreiung der Gefangenen und dem neuen Augenlicht für die Blinden.
Dann setzt er sich nieder und beginnt seine Predigt mit den Worten „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“, und damit ist das Wichtigste auch schon gesagt. Das ist das Reich Gottes.
Zunächst gefällt den Menschen sehr gut, was Jesus sagt, weil es sich so schön geisterfüllt anhört. Aber dann kommt es zur Unstimmigkeit zwischen ihm und den Menschen. Am Schluss wollen sie ihn sogar töten.
Wenn man diese Stelle bei Jesaja weiterliest in der heutigen Lesung, stoßen wir auf einen sehr ungewöhnlichen und radikalen Gedanken. Es werde eine Zeit kommen, da alle „Priester des Herrn“ genannt werden.
In Israel war das Priesteramt einem bestimmten Stamm, den Leviten, vorbehalten. Hier bei Jesaja wird es plötzlich auf alle, auf das ganze Volk, ausgedehnt.
Die zweite Lesung aus der Offenbarung des Johannes bezieht die Verheißung eines Volks von Priestern auf die Christen, das neue Volk des Bundes: Christus „hat uns zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott, seinem Vater“.
Das klingt zunächst sehr interessant. Jedes Kind würde gern König sein, und so mancher Korporal hätte auch nichts dagegen, General zu sein. Aber die Texte, die wir heute gelesen haben, reden von etwas ganz anderem.
König und Priester zu sein hat hier nichts zu tun mit Privilegien, mit Reichtum und schöner Würde, sondern mit Verantwortung füreinander und für die Welt. Aufgabe des Königs war es, die Schwachen in der Gesellschaft zu schützen und sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen.
Aufgabe der Priester damals war es, den Opferkult zu vollziehen und dadurch Vermittler zu sein zwischen Gott und den Menschen.
Aus christlicher Sicht braucht es keine Vermittler mehr. Einziger Mittler ist Christus, der „uns von unseren Sünden erlöst durch sein Blut“, wie die Offenbarung des Johannes in der heutigen Lesung sagt.
Die Erlösung, das Reich Gottes ist bereits da, mitten unter uns, wir brauchen keinen Vermittler mehr. Als Christen werden wir selbst in der Taufe zu Priestern, Königen und Propheten. Jeder von uns ist zur Nachfolge Christi berufen. Jeder ist für den Nächsten verantwortlich. Jeder von uns ist dazu aufgerufen, die Barmherzigkeit Gottes, das Gnadenjahr, das Jesus verkündet hat, für alle Menschen spürbar zu machen.
Im Blick auf diese Aufgabe und Verantwortung aller Gläubigen habe ich im Jahr des Glaubens 2012/13 eine Diözesansynode einberufen, um mit euch über die Zukunft der Kirche im Österreichischen Bundesheer zu beraten.
Ich freue mich, dass so viele von euch meinem Ruf und ihrer priesterlichen Berufung als Christen gefolgt sind. Ihr habt in der Vorbereitung der Synode zahlreiche wichtige Ideen eingebracht.
Auf der Synode habt ihr in den Gesprächen der Arbeitsgruppen den Grundstein für die Erstellung der Pastoralen Leitlinien gelegt. Die Mitarbeiter des Sekretariats haben die Ergebnisse dokumentiert und gemeinsam mit den Moderatoren zur hervorragenden Organisation der Synode beigetragen.
Einige von euch haben in der theologischen bzw. juristischen Kommission an der Entstehung einer tragfähigen Textvorlage mitgearbeitet.
Viele von den Synodalen haben diesen Entwurf dann gelesen und mit ihren Änderungsvorschlägen noch einmal beträchtlich verbessert.
Ich danke euch allen, die ihr – jeder auf seine Weise – zum Gelingen unseres gemeinsamen synodalen Prozesses beigetragen habt. Und ich freue mich, dass so viele von euch heute zur feierlichen Unterzeichnung des Schlusstexts der Synode in meine Kathedrale nach Wiener Neustadt gekommen sind.
Am Ende wende ich mich an euch, liebe Mitbrüder, die ihr zu geweihten Priestern berufen worden seid. Euer Dienst ist Gottes-Dienst und Dienst an den Menschen, den Angehörigen des Österreichischen Bundesheers und ihren Familien.
Ich danke euch für euren großen persönlichen Einsatz. Zugleich habe ich drei Anliegen für die Zukunft, die auch in den pastoralen Leitlinien zum Ausdruck kommen:
1. Zieht alle an gemeinsam an einem Strang zum Wohl unserer Diözese und aller Menschen, die uns anvertraut sind!
Ich weiß, dass die aktuelle Situation nicht einfach ist. Auseinandersetzungen in theologischen und pastoralen Fragen hat es in der Kirche immer gegeben. Sie sollen sachlich und offen ausgetragen werden und können zur Entwicklung einer produktiven Lösung beitragen.
Aber ich bitte euch, einander immer mit Achtung und Wertschätzung zu begegnen und Vorbild für einen friedlichen Umgang unter den Menschen zu sein.
2. Stellt euch bereitwillig für die Einsätze des Österreichischen Bundesheers zur Verfügung! Bei den großen Kontingenten ist die ständige Präsenz eines Militärseelsorgers von der militärischen Führung vorgesehen.
Hier besteht ein dringender Bedarf seitens vieler Soldaten und Kommandanten. Und kümmert euch andererseits auch um die Familien zu Hause! Ein Einsatz stellt für sie oft eine große Belastung dar.
3. Zuletzt ist es mir ein großes Anliegen, dass wir alle die Zusammenarbeit mit den Vertretern anderer Militärseelsorgen verstärken und mit den Geschwisterkirchen und anderen Religionsgemeinschaften gute und brüderliche Beziehungen unterhalten.
In unseren Einsätzen machen wir immer wieder die Erfahrung, dass die Zusammenarbeit und der Dialog der Religionsgemeinschaften von entscheidender Bedeutung für einen dauerhaften und gerechten Frieden sind.
Jetzt lade ich euch ein, euer Weiheversprechen zu erneuern….