Predigt anlässlich der feierlichen Vesper im Stephansdom zum Gedenken an 50 Jahre Auslandseinsätze des Österreichischen Bundesheeres

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http://www.mildioz.at/dmdocuments/Predigt_28-oct-2010.pdf, Stand: 2010-10-29

2010-10-28 - Wien
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Predigt anlässlich der feierlichen Vesper im Stephansdom zum Gedenken an 50 Jahre Auslandseinsätze des Österreichischen Bundesheeres

Ein besonderer Anlass hat uns heute, am Fest zweier Apostel, der hl. Simon und Judas Thaddäus, zu diesem festlichen Gottesdienst im hohen Dom zu St. Stephan zusammengeführt: Das Österreichische Bundesheer gedenkt 50 Jahre internationaler Einsätze.

Das ist wirklich ein Anlass zum Dank und Freude:

Zum Dank zuerst an Gott, der mit seiner Güte allen Menschen und Völkern nahe sein will, besonders jenen, die in vielfacher Not, in Unterdrückung und Bedrängnis leben müssen. Und ein Anlass zur Freude darüber, dass so viele Soldatinnen und Soldaten sich im Dienst an der Völkergemeinschaft für den Frieden eingesetzt haben und auch heute einsetzten.

Seit 1960 also, dem ersten Einsatz österreichischer Soldaten mit einem Feldspital im Kongo, haben sich österreichische Soldaten, begleitet von unseren Militärseelsorgern, in zahlreichen Einsätzen in den Krisengebieten der Welt für die Sicherung oder Wiederherstellung des Friedens eingesetzt - in Zypern, am Golan, in Bosnien, im Kosovo, aber auch in Afghanistan, im Tschad und in vielen anderen Regionen in Afrika und Asien.

Dies ist ein echter Beitrag zur Friedenssicherung in Solidarität und ein Zeugnis dafür, dass unser Staat und viele Menschen in unserem Land die Herausforderung des Friedens ernst nehmen und bereit sind, sich auch unter schwierigen und oft gefährlichen Umständen für andere Menschen und Völker zu engagieren.

Unsere Soldaten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten durch ihre vielfältigen Fähigkeiten beim Einsatz für den Frieden hohes Ansehen und Respekt in der internationalen Gemeinschaft erworben.

Dies wurde und wird uns immer wieder von Kameraden anderer Nationen bestätigt, mit denen wir Österreicher gemeinsam im Einsatz waren.

Vor allem die Fähigkeit zur Vermittlung sowie die Gabe, sich auf andere Mentalitäten und Kulturen einstellen zu können, werden immer wieder hervorgehoben. Und es sind genau diese Begabungen, die gerade im militärischen Einsatz für den Frieden heute und in Zukunft unerlässlich sein werden.

Ein Denken und Planen nach nur militärischen Gesichtspunkten reicht nicht aus, um die schwierigen Anforderungen heutiger Friedenseinsätze zu bewältigen, diese Erfahrung machen alle Armeen in internationalen Einsätzen.

Als Österreicher werden wir auch weiterhin unsere Fähigkeiten im Dienst am internationalen Gemeinwohl einbringen und unsere Soldaten werden bereit sein, trotz immer wieder auftretender Probleme und Herausforderungen diesen wichtigen Dienst an der Völkergemeinschaft auch in Zukunft nach besten Kräften zu leisten.

So darf ich heute an dieser Stelle vielfachen Dank sagen. An erster Stelle möchte ich allen Soldatinnen und Soldaten von Herzen danken, die bereit waren und bereit sind, sich im Auslandseinsatz für den Frieden einzusetzen. Bei allen unterschiedlichen Gründen, sich für den Auslandseinsatz zu melden, vereint sie im Einsatz die Zielsetzung, ihren Auftrag im Dienst am Frieden so gut und so gewissenhaft wie möglich zu erfüllen. Sie alle leisten so einen unersetzlichen Beitrag zum Frieden in den Konflikt- und Krisenregionen der Welt.

Danken möchte ich aber auch – dies dürfen wir nicht vergessen – ihren Familien und Angehörigen, die Zeiten der Trennung und der Sorge auf sich nehmen und zu deren Unterstützung wir alle, und besonders wir Militärseelsorger, nach Kräften beitragen müssen.

Danken möchte ich auch allen im Österreichischen Bundesheer, die für die Vorbereitung und Durchführung der Auslandseinsätze sowie für die Betreuung unserer Soldaten verantwortlich sind, der zivilen und militärischen Führung, den Soldaten aller Dienstgrade, den Beamten und allen Bediensteten. Ihre Bereitschaft und ihre Einsatzfreude machen es immer wieder möglich, dass unser Land Soldaten ins Ausland entsenden, versorgen, betreuen und sicher wieder in die Heimat zurückführen kann.

Und nicht zuletzt darf ich allen Militärseelsorgern danken, die bereit waren und bereit sind, unsere Soldaten in den Auslandseinsatz zu begleiten. Aus vielen Besuchen, Begegnungen und Gesprächen weiß ich, wie schwierig oft die Herausforderungen sind, aber auch, wie wichtig und wertvoll dieser Dienst ist und wie gerne er von vielen Kameraden angenommen wird.

Es ergeben sich ja nicht nur viele Möglichkeiten pastoraler Begegnung, auch für den Seelsorger selbst eröffnen sich immer wieder tiefe menschliche und religiöse Erfahrungen. Ich möchte daher alle Militärseelsorger ermutigen, sich bereitwillig für diesen Dienst zur Verfügung zu stellen.

Internationale Einsätze haben immer besondere Anforderungen an die Soldaten gestellt. Heute aber sind diese Herausforderungen besonders schwierig geworden. Viele Missionen fordern sehr viel von unseren Soldaten, unter militärischen, menschlichen und vielfach auch moralischen Gesichtspunkten. Die österreichische Militärseelsorge will sich diesen Herausforderungen auch in Zukunft stellen. Die Errichtung eines eigenen Dekanates für Internationale Einsätze ist eine entscheidende Initiative in dieser Richtung.

Militärseelsorge ist ja eine mitgehende und nach-gehende Seelsorge, d.h. Seelsorger begleiten die Soldaten dorthin, wo sie ihren Dienst tun, teilen mit ihnen die Anforderungen und Härten des Einsatzortes und stehen als Ansprechpartner und Begleiter in menschlichen und religiösen Anliegen zur Verfügung.

Als Seelsorger werden wir uns auch in Zukunft diesen Herausforderungen stellen und uns bemühen, unsere menschlichen und pastoralen Fähigkeiten und Kompetenzen im Dienst an unseren Soldaten einzubringen. Und dies mit der Bereitschaft zu vielfältiger Kooperation, mit den militärischen Dienststellen, mit den Verantwortlichen für die psychologische und die medizinische Betreuung und nicht zuletzt im Geist ökumenischer Zusammenarbeit.

In letzten Jahrzehnten haben sich unsere Lebensbezüge geweitet, ja sie sind heute weltweit geworden, und immer mehr Menschen und Völker in einstmals weit entfernten Ländern sind näher gerückt und in unseren Blick getreten. Mit ehemaligen Gegnern aus vergangenen Zeiten leben wir vereint in einem gemeinsamen Europa.

Damit aber hat sich auch unsere Verantwortung geweitet und wir sind gefordert, im Bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt in unserem Land unseren Blick über unsere Grenzen hinaus auf Europa und immer mehr auch auf das Wohl der Gemeinschaft der Völker zu richten.

Für uns alle wird es darum gehen, unser Leben und unsere soziale und politische Ordnung aus dem Geist echter Solidarität zu erneuern, einer Solidarität in unserem Land, aber auch weit über seine Grenzen hinaus, wie dies Papst Benedikt XVI. in seinen Weltfriedensbotschaften immer wieder eindringlich fordert.

Ich bitte Sie heute um Ihre Unterstützung und Ihr Gebet für unsere Soldaten und Soldatinnen im Auslandseinsatz. Während dieser ganzen Zeit wurden Soldaten im Einsatz verwundet, manche haben ihr Leben verloren und sind nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt. Beten wir heute besonders für sie und ihre Familien und seien wir dankbar, dass sich auch in unserer Zeit junge Menschen in dieser Weise engagieren, sich Gefährdungen aussetzen und sehr persönlich und konkret für den Frieden in der Welt wirken.

Wir feiern heute das Fest der Apostel Simon und Judas Thaddäus. Bei jedem Apostelfest ist der Gedanke der Sendung grundlegend, der Apostel ist ja einer, der zur Verkündigung des Evangeliums gesandt ist. Über unsere beiden Apostel ist uns außer ihrer Nennung in den Evangelien nicht viel bekannt. Aber sie haben uns heute in dieser Feier durchaus etwas zusagen:

Der Apostel Simon trägt den Beinamen „der Eiferer“, denn er gehörte wohl einmal der Partei der Zeloten an, also einer Gruppe, die mit Mitteln der Gewalt gegen die römische Besatzungsmacht vorging, bevor er der Gewalt entsagte und sich Jesus anschloss. Judas Thaddäus wiederum wird seit Jahrhunderten in schwierigen und gefährlichen Situationen angerufen.

Möge uns die Fürbitte dieser beiden Apostel helfen, dass wir uns im Blick auf Christus, der uns in seinem Tod und seiner Auferstehung den Frieden Gottes schenkt, unermüdlich für den Frieden in unserer Zeit einsetzen.

Denn wir Christen dürfen aus einer Hoffnung leben, die sich nicht auf menschliche Kraft und Weisheit, sondern auf die unendliche Macht und Liebe Gottes stützt. Diese Hoffnung ist in meinem bischöfliche Wappenspruch ausgedrückt, mit einem Zitat aus dem Brief des hl. Apostels Paulus an die Epheser: „Christus pax nostra“ - „Christus ist unser Friede“. Dazu begleite euch alle der Segen des allmächtigen Gottes!
Amen.