Fastenhirtenbrief 2012

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

Volltext

Hier finden Sie nährere Details und eine kurze Einführung in das Dokument!
http://www.mildioz.at/dmdocuments/fastenhirtenbrief_2013.pdf, Stand: 2013-04-09

2013-02-00
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Fastenhirtenbrief 2012. Gerechtigkeit - Nächstendienst

Liebe Soldatinnen und Soldaten!
Liebe Bedienstete des Österreichischen Bundesheeres und ihre Angehörigen!
Brüder und Schwestern im Herrn!

Im Epheserbrief (6,14c) wird die Gerechtigkeit – das heißt das Tun des Willen Gottes, durch das Anlegen des Brustpanzers dargestellt und meint das missionarische Weitertragen des „Evangeliums des Friedens“. Das gilt auch für das Mit- und Füreinander. Wie wir mit unseren Mitarbeitern umgehen, mit jenen die sich ehrenamtlich engagieren und mit allen, denen wir täglich begegnen, ist eine große Herausforderung. Menschliche Bequemlichkeit verleitet oft zur Überbewertung der eigenen Arbeitsleistung und fügt sich in ein allgemeines „Raunzertum“ ein, das dem Christentum völlig fremd ist, denn für alle Gläubigen – auch die Hauptamtlichen wie Priester, Diakone, Pastoralassistenten und Pfarradjunkten – gilt: „Die im Volk Gottes versammelten und dem einen Leibe Christi unter dem einen Haupt eingefügten Laien sind, wer auch immer sie sein mögen, berufen, als lebendige Glieder alle ihre Kräfte, die sie durch das Geschenk des Schöpfers und die Gnade des Erlösers empfangen haben, zum Wachstum und zur ständigen Heiligung der Kirche beizutragen.“1

Dies geschieht im Dienstbetrieb durch Unterricht und Unterstützung, durch den Einsatz gegen ungerechte Behandlung und das unermüdliche Engagement für alle, die etwas von uns brauchen. Der Kauf fair gehandelter Produkte globalisiert dieses Bemühen und macht es glaubwürdig.

In der Lehre ist vor allem auch speziell für den Soldaten die Aussage des Konzils klar und unmissverständlich darzulegen: „Solange die Gefahr von Krieg besteht und solange es noch keine zuständige internationale Autorität gibt, die mit entsprechenden Mitteln ausgestattet ist, kann man, wenn alle Möglichkeiten einer friedlichen Regelung erschöpft sind, einer Regierung das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung nicht absprechen. Die Regierenden und alle, die Verantwortung für den Staat tragen, sind verpflichtet, das Wohl der ihnen anvertrauten Völker zu schützen, und sie sollen diese ernste Sache ernst nehmen. Der Einsatz militärischer Mittel, um ein Volk rechtmäßig zu verteidigen, hat jedoch nichts zu tun mit dem Bestreben, andere Nationen zu unterjochen. Das Kriegspotential legitimiert auch nicht jeden militärischen oder politischen Gebrauch. Auch wird nicht deshalb, weil ein Krieg unglücklicherweise ausgebrochen ist, damit nun jedes Kampfmittel zwischen den gegnerischen Parteien erlaubt.“2

Die Betreuung von Kranken und durch Unfälle Versehrten, die Begleitung von Trauernden gehören ebenso in diesen Bereich wie die Mitwirkung bei militärischen Aktivitäten zur Familien- und Kinderbetreuung mit dem Ziel, „in der Formung ihrer Schüler mit dem Geiste Christi, in der Kunst des rechten Erziehens und in der wissenschaftlichen Arbeit nach so guten Leistungen zu streben, dass sie nicht nur die innere Erneuerung der Kirche fördern, sondern auch deren segensreiche Präsenz in der heutigen Welt, besonders unter den Gebildeten, erhalten und vertiefen.“3 Bei pfarrlichen Veranstaltungen ist darauf zu achten, dass auch sozial Schwächere nicht von der Teilnahme ausgeschlossen werden.

Kampfbereitschaft – Umfassende Verbreitung des Evangeliums im Alltag

Die Verkündigungsbereitschaft ist unsere Grundlage, unser Schuhwerk. Ein paar gut besuchte Veranstaltungen, an die sich 2014 niemand mehr erinnert und für die wir viel Geld ausgeben, können nicht das Ziel des Jahres des Glaubens sein. Besonders die Priester lade ich daher ein, sich um Nachhaltigkeit in begründeten und wissensvermittelnden Ansprachen, Ratschlägen und brüderlichen Hinweise, wie es das Konzil empfiehlt, zu bemühen: „Der Geist der Bruderliebe verpflichtet die Priester, die Gastfreundschaft zu pflegen, Gutes zu tun und ihre Güter zu teilen, wobei ihre besondere Sorge den kranken, bedrängten, mit Arbeit überlasteten, den einsamen, den aus ihrer Heimat vertriebenen Mitbrüdern gelten soll sowie denen, die Verfolgung leiden.“4 Auch für die Diakone und noch mehr für die Priester soll dieses Jahr der stets notwendigen eigenen Vertiefung dienen: „Die priesterliche Bildung muss gerade wegen der Bedürfnisse der heutigen Gesellschaft auch nach abgeschlossenem Seminarstudium noch fortgesetzt und vervollständigt werden.“5

Zur umfassenden Erneuerung, die sich auch im gemeinsam auf der Diözesansynode, deren Beginn ich mit dem 30.09 2013 festgelegt habe, erarbeiteten neuen Pastoralkonzept zeigen möge, soll auch das ernsthafte und vertiefte Gespräch mit unseren getrennten Geschwistern treten. Wenn uns auch manches an ihren Bräuchen und Ordnungen fremd ist, so gilt doch schon innerhalb der katholischen Kirche mit ihren vielen Rite eine volle Anerkennung und Gleichberechtigung verschiedener Formen des kirchlichen Lebens: „Die Kirchen des Ostens wie auch des Westens haben das volle Recht und die Pflicht, sich jeweils nach ihren eigenen Grundsätzen zu richten, die sie durch ihr ehrwürdiges Alter empfehlen, den Gewohnheiten ihrer Gläubigen besser entsprechen und der Sorge um das Seelenheil angemessener erscheinen.“6

Diese Sorge um das Seelenheil führt uns auch zu einer klar geregelten, geschwisterlichen Haltung der Zusammenarbeit in respektierter Verschiedenheit mit orthodoxen und evangelischen Militärseelsorgerinnen und -seelsorgern. Für unseren speziellen, vor allem auch durch Auslandseinsätze geprägten ökumenischen Horizont sollen im kommenden Jahr vernünftige, biblische und in der Tradition der Kirchen begründete Formen des Gemeinsamen genauso gefunden werden, wie der Ausdruck vor dem bleibenden Unterschied: „Das Heilige Konzil wünscht dringend, dass alles, was die Söhne der katholischen Kirche ins Werk setzen, in Verbindung mit den Unternehmungen der getrennten Brüder fortschreitet, ohne den Wegen der Vorsehung irgendein Hindernis in den Weg zu legen und ohne den künftigen Anregungen des Heiligen Geistes vorzugreifen.“7 Die Einladung orthodoxer und evangelischer Vertreter zur Diözesansynode ist daraus logische Konsequenz.

Nicht erst die große Anzahl von Muslimen im Bundesheer, sondern schon die klare Lehre der katholischen Kirche - „Wir können aber Gott, den Vater aller, nicht anrufen, wenn wir irgendwelchen Menschen, die ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, die brüderliche Haltung verweigern. Das Verhalten des Menschen zu Gott dem Vater und sein Verhalten zu den Menschenbrüdern stehen in so engem Zusammenhang, dass die Schrift sagt: "Wer nicht liebt, kennt Gott nicht" (1 Joh 4,8).“8 – führt dazu, dass auch der Dialog mit den Nichtchristen – Anhängern anderer Religionen wie Atheisten – gestärkt und auf eine Basis aus solidem Glaubenswissen gestellt werden soll. Daher gehören zu den Synodalen auch Gäste aus den in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften.

Das Fest des Glaubens, das wir am 1. Mai schon am Ort der Synode in Salzburg feiern werden, wird ein weiterer Meilenstein auf diesem Weg des Aufbruchs sein. Da sich in unserer Kirche auch die Wahl des Bischofs von Rom ergeben hat, bitte ich euch, mit Blick auf unsere Verantwortung für die ganze Kirche bis zur Wahl des neuen Papstes auch in diesem Anliegen zu beten.

Ich wünsche Ihnen allen ein friedvolles und gesegnetes Osterfest 2013!

Ihr
Mag. Christian Werner
Militärbischof für Österreich

Anmerkungen
1 Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium 33
2 Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes 79
3 Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum educationis 12
4 Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis 8
5 Dekret über die Ausbildung der Priester 22
6 Dekret über die katholischen Ostkirchen Orientalium ecclesiarum 5
7 Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio 24
8 Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate 5