Christus ist unser Friede (Eph 2,14). Pastorale Leitlinien für das Militärordinariat der Republik Österreich

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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http://www.mildioz.at/dmdocuments/past_leitlinien_2013.pdf, Stand: 2014-07-15

2014-04-14 - Wiener Neustadt
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Christus ist unser Friede (Eph 2,14). Pastorale Leitlinien für das Militärordinariat der Republik Österreich. Schlussdokument der Diözesansynode 2013

Christus ist unser Friede (Eph 2,14)

Präambel

1. „Die Liebe Christi ist es, die unsere Herzen erfüllt und uns dazu drängt, das Evangelium zu verkünden.“ (vgl. 2 Kor 5,14) (1)
Daher habe ich im Jahr des Glaubens 2012/2013 zum ersten Mal in der Geschichte der österreichischen Militärseelsorge einen synodalen Prozess ins Leben gerufen, der mit der Diözesansynode vom 30. September bis 4. Oktober 2013 in Salzburg seinen Höhepunkt gefunden hat. Ziel des synodalen Prozesses war, möglichst viele Gläubige in die Beratungen über die Zukunft der Militärseelsorge mit einzubeziehen.

Der synodale Prozess

2. Fast 200 Gläubige kamen nach Salzburg, um gemeinsam Zeugnis für den Glauben im Österreichischen Bundesheer zu geben. Viele Teilnehmer erlebten einen Aufbruch des kirchlichen Lebens in unserem Militärordinariat, von der Einheit von Beratung, Gottesdienst und intensivem persönlichem Gespräch, vom Geist der Zusammenarbeit und der Achtung vor dem Wort des anderen. Mit dieser Synode stellen wir uns in die lange Tradition synodaler Versammlungen, die unter der Führung des Heiligen Geistes eine Erneuerung der Kirche angestrebt haben.
Am Ende des synodalen Prozesses sollten die Grundlagen für ein neues Pastoralkonzept stehen. Das bisher gültige Pastoralkonzept in der Fassung vom 14. September 2005 stellt eine ausgezeichnete und sehr umfassende Grundlage für die pastorale Arbeit der Militärseelsorge dar. In den letzten Jahren haben sich aber die militärischen, kirchlichen, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und auch Leben und Glaubenspraxis vieler Menschen im Militär grundlegend verändert. Diese Veränderungen wurden von den Teilnehmern (2) der Synode analysiert und die zentralen Herausforderungen für die Militärseelsorge ins Auge gefasst. (3) Ihnen widmet sich der erste Teil dieses Dokuments. Im zweiten Teil werden Optionen für die Zukunft der Militärseelsorge präsentiert, wie sie von den Synodalen entwickelt und diskutiert wurden und die ich meinem zukünftigen Nachfolger als Militärbischof als Grundlage für seine konkreten pastoralen Entscheidungen übergebe.

Grundauftrag der Militärseelsorge

3. Grundauftrag der Militärseelsorge ist es, Kirche von, mit und unter den Soldaten (4), den Zivilbediensteten und ihren Angehörigen zu sein. Sie ist Teil der einen Kirche, des Volkes Gottes, einer Gemeinschaft, zu der Christus alle Menschen berufen hat: die frohe Botschaft zu verkünden, das Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung zu feiern und die Barmherzigkeit Gottes unter den Menschen sichtbar zu machen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Kirche dabei gelehrt, ihre Sendung auf die heutige Welt und alle Menschen zu richten, wenn es heißt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ (5)
Insofern die Militärseelsorge auf diese Weise den katholischen Soldaten die freie Ausübung ihrer Religion unter den besonderen Bedingungen des militärischen Dienstes ermöglicht, hat sie teil an der fundamentalen Aufgabe des Staates, Religionsfreiheit und freie Religionsausübung für alle Bewohner sicherzustellen. (6)
Die Republik Österreich gewährleistet Militärseelsorge auf der Grundlage des Staatsgrundgesetzes der Österreichischen Bundesverfassung, Art. 15, im Rahmen des Konkordats vom 5. Juni 1933, Art. VIII., und der darauf basierenden weiteren Vereinbarungen.

Träger der Militärseelsorge

4. In Österreich ist die Katholische Militärseelsorge zugleich eine kirchliche und eine staatliche Institution. Sie wird von einem Militärbischof geleitet und ordnet sich in die Gliederung des Österreichischen Bundesheers ein. Sie ist als Militärordinariat organisiert, wie es die Apostolische Konstitution Spirituali militum curae vom 21. April 1986 in Blick auf die Universalkirche vorsieht und für Österreich in den Statuten des Militärordinariates der Republik Österreich vom 21. März 1989 (7) festgesetzt wurde.
Beratende Organe des Bischofs sind nach Vorgabe des Kirchenrechts der Priesterrat, das Collegium Consultorum, der Pastoralrat und der Vermögensverwaltungsrat. Unterstützt wird er weiters vom Militärbischofsamt, dem Ökonomen und dem Medienbeauftragten.
Der Militärgeneralvikar steht der obersten staatlich-kirchlichen Dienststelle der Militärseelsorge vor, die die Vorgaben des Militärbischofs auf kirchlicher und militärischer Ebene umsetzt. Er hält Kontakt zu den entsprechenden Stellen des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport und der höheren Kommanden, koordiniert gesamtdiözesane Veranstaltungen und unterstützt die Militärpfarren in ihrer seelsorglichen Arbeit.
Die Militärpfarren sind Seelsorgebereiche, die eine zum Militärordinariat gehörende Ge-meinschaft von Gläubigen umfassen und vom Militärbischof auf Dauer errichtet sind. Die Militärseelsorger (Militärkapläne), die mit ihrer Leitung betraut sind, haben die Rechte und Pflichten von Pfarrern. (8) Im In- wie im Ausland sind die Militärpfarren Ansprechpartner für Katholiken und Angehörige anderer Kirchen, kirchlicher Gemeinschaften, Religionen und Weltanschauungen. Sie geben durch das Leben des Militärpfarrers, des Militärpfarradjunkten, der Militärpfarrgemeinderäte und aller engagierten Gläubigen den Menschen ein Zeugnis lebendigen Glaubens.
Katholische Militärangehörige haben sich im Sinne des Laienapostolats zur Arbeitsgemein-schaft Katholischer Soldaten (AKS) zusammengeschlossen. Sie setzen sich aktiv in den Mili-tärpfarren ein und sind ein sichtbares Zeichen gelebter Kirche unter den Soldaten in der militärischen Organisation. Seit vielen Jahren engagieren sich Mitglieder der AKS in der internationalen katholischen Soldatenorganisation Apostolat Militaire International (AMI).
Das Institut für Religion und Frieden (InstRel&F) ist die Forschungs- und Lehreinrichtung der Militärdiözese. Es beschäftigt sich auf interdisziplinärer Ebene mit allen religiösen und ethischen Fragen, die den Dienst des Soldaten betreffen, und den Herausforderungen christlicher Friedensethik: u.a. Religion und Gewalt, Sicherheitspolitik, militärische Ethik und ökumenischer sowie interreligiöser Dialog.


Erster Teil: Herausforderungen

Gesellschaftliches und militärisches Umfeld

5. Die österreichische Gesellschaft ist pluralistisch. Eine Mehrheit gehört der katholischen Kirche an, bei vielen Katholiken geht die Kirchenbindung aber zurück. Der Anteil von Menschen ohne Bekenntnis wächst. Die religiöse Welt ist vielfältig geworden. Klassische Orte und Gelegenheiten der Verkündigung verlieren an Bedeutung, kirchliche Orte werden weniger gesucht, religiöse Gewohnheiten und Sprache weniger gepflegt, Kirchenaustritte nehmen zu. (9) Verschiedene Ursachen haben dazu geführt, dass das Wissen über Religion bzw. die katholische Tradition weiter abnimmt und nur mehr in einem sehr geringen Umfang in der Bevölkerung verbreitet ist.
Da Religion weithin als Privatangelegenheit angesehen wird, geht die Akzeptanz einer staatlich unterstützten, öffentlichen Religionsausübung zurück. Der demokratische Verfassungsstaat verhält sich gegenüber den Religionen und Glaubensgemeinschaften neutral. In Österreich ist dieses Verhältnis von Kooperation geprägt und wesentlich bestimmt durch die Anerkennung der Kirchen und Religionsgesellschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts. Somit „ragt die Kirche aus der Sphäre des Privaten hervor, ohne dass sie aber in die Ebene der Staatlichkeit eingegliedert wird“. (10) Deshalb wirkt auch die Katholische Militärseelsorge eigenständig in Kooperation mit den staatlichen Dienststellen. Durch ihr Wirken leistet die Kirche einen unverzichtbaren Beitrag zu Vermittlung von menschlichen Werten für ein gedeihliches Zusammenleben in Gesellschaft und Staat.
Die Wehrdienstzeit von 6 Monaten, die zahlreichen Ausbildungsgänge von Chargen, Unteroffizieren und Offizieren an verschiedenen Orten, die starke Betonung der internationalen Einsätze und die oftmaligen Reformen in der Organisation des Österreichischen Bundesheers (Schließung von Kasernen, Auflösungen oder Umstrukturierungen) stellen auch das Militärordinariat vor große organisatorische Herausforderungen.
Viele Kommandanten erkennen im Rahmen ihrer Kommandantenfürsorge den Bedarf an seelsorglicher Betreuung und stehen der Militärseelsorge positiv gegenüber, ohne Druck zur Teilnahme an religiösen Veranstaltungen auszuüben. Sie stellen die Einhaltung der erlassmäßigen Bestimmungen sicher, mit denen militärseelsorgliche Angelegenheiten geregelt werden, insbesondere Häufigkeit und Dauer des Lebenskundlichen Unterrichts, Kaderbetreuung, Teilnahmemöglichkeit an Wallfahrten und anderen Veranstaltungen.
Das Bundesheer ist ein Ort gelebter Integration. Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen verschiedener Religionen, Kulturen und Muttersprachen arbeiten gemeinsam im Österreichischen Bundesheer. Die Militärseelsorge bemüht sich in ihrem Bereich einen wirksamen Beitrag zur Integration in der Gesellschaft zu leisten.

Glaube und Verkündigung

6. Für viele Menschen hat Glaube an Bedeutung verloren. Viele Menschen wollen glauben, können aber nicht, sehr oft treten Brüche in der Glaubensbiographie auf. Aufgabe der Militärseelsorge ist es, die Ist-Situation des Glaubens der ihnen anvertrauten Menschen wahrzunehmen und Wege zu seiner Vertiefung anzubieten.
Für Soldaten, die mit Grenzerfahrungen konfrontiert sind, können die Fragen nach Gott, nach dem Sinn des Leidens, nach einer Zukunft über den Tod hinaus zu zentralen Fragen ihres Lebens werden.
Darüber hinaus soll sich die Militärseelsorge jenen Menschen, die sich aufgrund ihrer Le-bensgeschichte beziehungsweise Lebenssituation kirchlich kaum angesprochen, geschweige denn beheimatet fühlen (z.B. unverheiratete Partner, zivil wiederverheiratet Geschiedene, Homosexuelle, Patchwork-Familien), verstärkt zuwenden.
Der steigenden Anzahl ungetaufter Erwachsener in der Militärseelsorge sollen vermehrt Begegnungsfelder eröffnet werden. Dafür sind die Glaubenspraxis und eine sichtbar vom Glauben inspirierte Lebensgestaltung von entscheidender Bedeutung.

Vielfältige Dienste in der Gemeinde

7. Gemeinde ist, bedingt durch die heutige Lebensmobilität, nicht mehr nur Lebenswohnsitz, sondern oft „Herberge auf Zeit“. Sie ist dort, wo das Evangelium verkündet wird und wo Gemeinschaft im Geiste des Evangeliums lebt. In ihr muss Hoffnung erfahrbar und wirksame Liebe spürbar werden.
Alle Getauften, alle Glieder des Gottesvolks, ob Bischof, Priester, Diakon oder Laie, ob Angehöriger einer Gesellschaft des geistlichen Lebens, ob Mann oder Frau, Verheirateter oder Unverheirateter, Kind oder Erwachsener, sind vor Gott gleich. Sie besitzen die gleiche Würde, alle sind sie berufen, den Menschen die frohe Botschaft zu verkünden.
Die Synode hat in vielen Ergebnissen festgehalten, dass wir in unseren Militärpfarren überzeugte haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter mit einer Bereitschaft zum Zeugnis (vgl. 1 Thess 2,8; 1 Joh 1,1-4) benötigen.
Die Synode sieht hier vornehmlich in den Militärpfarrgemeinderäten und der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten Multiplikatoren, die als Mitarbeiter auch in der Katechese wirken können und unserer konkreten Ermutigung bedürfen. Sie können und sollen in den pastoralen Grundfunktionen Verkündigung, Liturgie und Diakonie in der Gemeinschaft (communio) der Kirche ihren wichtigen Beitrag leisten. Im gemeinsamen Miteinander mit den Geweihten sollen sie bereit sein, Aufgaben in Verkündigung, Liturgie, Leitung und Organisation der Gemeinde nach Maßgabe des kirchlichen Rechts zu übernehmen, sei es als Pastoralassistent, Notfallseelsorger, Ministrant, Lektor, Kommunionhelfer, Leiter von Wort-Gottes-Feiern oder auch in der Glaubensvermittlung.
Die Militärseelsorge sollte sich dabei jedoch immer einen gesunden Realismus bewahren. Soldaten sind in einen oftmals anstrengenden und fordernden Dienstbetrieb eingebunden. Daher brauchen sie viel Zeit, um sich neu oder tiefer im Glauben zu verwurzeln. Sie sollen daher nicht allzu schnell durch gemeindliche und kirchliche Aufgaben überlastet, sondern nach und nach in einer ihrem Leben entsprechenden Weise eingebunden werden.
Eine wichtige Bedeutung kommt der ehrenamtlichen Tätigkeit der Diakone im liturgischen, pastoralen und karitativen Leben der Militärseelsorge zu.
Das Militär ist traditionell ein männerdominiertes Umfeld. Im Österreichischen Bundesheer arbeiten Frauen als Zivilbedienstete und seit 1998 auch als Soldatinnen. In der Militärseelsorge haben Frauen viele Aufgaben übernommen und stellen eine große Bereicherung dar. Es ist sehr zu begrüßen, wenn noch mehr Dienste und Funktionen von Frauen übernommen werden.

Aus- und Weiterbildung der Militärseelsorger

8. Auf der Diözesansynode wurde der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass Militärseelsorger neben ihrer theologisch-pastoralen Ausbildung für die Erfüllung ihrer Aufgaben auch eine gute Kenntnis des militärischen Bereichs benötigen. Durch die Aneignung militärischer Kenntnisse bringt der Seelsorger auch seine Wertschätzung gegenüber den Soldaten und seine Anteilnahme an ihren Arbeits- und Lebensbedingungen zum Ausdruck.
Weiters sind Erfahrungen in der zivilen Seelsorge von besonderem Wert. Militärpfarrer sollen vor Beginn ihres Dienstes in der Militärseelsorge mindestens drei Jahre in einer Zivilpfarre gearbeitet haben.
Seit einigen Jahren ist für Militärpfarrer am Beginn ihrer Dienstzeit ein zweiwöchiger Einweisungskurs mit den Schwerpunkten militärische Grundlagen, militärische Ethik und Grundlagen der Militärseelsorge vorgesehen. Eine weitere Woche dient der praktischen Einführung bei der Truppe. Neu eintretende hauptamtliche Militärpfarrer sind auch angehalten, die allgemeine militärische Grundausbildung zu absolvieren. Im Rahmen ihrer Fort- und Weiterbildung sind für die hauptamtlichen Militärseelsorger jährlich eine Woche Exerzitien sowie der Bildungsteil auf der Pastoralkonferenz vorgesehen. Für Militärseelsorger der Miliz wird jährlich ein eigenes Fortbildungsseminar (eine Woche) angeboten, in dem die Kenntnisse in den oben angesprochenen drei Bereichen vertieft und aufgefrischt werden sollen.

Gottesdienst feiern im Militär

9. Der heilige Benedikt schreibt in seiner Regel: „Überall ist Gott gegenwärtig, so glauben wir, und die Augen des Herrn schauen an jedem Ort auf Gute und Böse. Das wollen wir ohne Zweifel ganz besonders dann glauben, wenn wir Gottesdienst feiern.“ (11)
Das christliche Leben beginnt mit einem Gottesdienst (Aufnahme in die Taufvorbereitung bzw. Taufe), es wird in verschiedenen Gottesdiensten (Sonntagsmesse, Stundengebet, Firmung, Trauung, Krankensalbung) ausgedrückt und genährt, schließlich versammelt ein Gottesdienst die Christen, um den Hinübergang der Verstorbenen in das verheißene Reich Gottes ebenfalls gottesdienstlich zu feiern.

10. Die Militärseelsorge ermöglicht die Feier der Gottesdienste unter den konkreten Bedingungen des militärischen Dienstes. In besonderer Weise sucht sie die Eucharistie den Soldaten zu erschließen, die ja nach dem 2. Vatikanischen Konzil Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens ist. (12) Ferner achtet sie darauf, dass niemand zur Teilnahme an einer liturgischen Feier gezwungen wird.
Wo es gefragt ist, werden in Kirchen und Kapellen von Kasernen und militärischen Liegenschaften Sonn- und Feiertagsgottesdienste angeboten. Besonders in den geprägten Zeiten werden darüber hinaus traditionelle Gottesdienste gefeiert (Adventkranzsegnung, Roraten, Aschermittwoch, Kreuzwegandachten etc.).
Gedenktage von Heiligen und Seligen, die in besonderer Weise im Militär verehrt werden (Michael, Georg, Mauritius, Barbara, Sebastian, Nikolaus, Karl von Österreich, Franz Jägerstätter, Engelbert Kolland, Jakob Kern), bieten ebenfalls Anlässe zur Feier von Gottes-diensten.
An diesen Gedenktagen oder auch aus anderen Gründen werden zu besonderen Kirchen Wallfahrten unternommen, bei denen das gemeinsame Gebet um Versöhnung und Frieden im Vordergrund steht. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes ein. Sie entstand aus einer Versöhnungsinitiative deutscher und französischer Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute kommen jedes Jahr über 10 000 Soldaten aus aller Welt nach Lourdes, um einander kennenzulernen, gemeinsam zu beten, zu feiern und ein lebendiges Zeichen des Friedens und der Verständigung unter den Völkern zu sein.

11. Die Militärseelsorge bietet alle Sakramente und Sakramentalien für die ihr Anvertrauten an und feiert sie mit ihnen, sei es in Kirchen und Kapellen in den Kasernen, sei es in zivilen Kirchen.
Erwachsene Taufwerber absolvieren ein Katechumenat (Taufvorbereitung); Kinder werden, mit Blick auf den Glauben der Eltern und auf deren ausdrücklichen Wunsch hin, in der zweistufigen oder einstufigen Form getauft.
Die Firmung vollendet und besiegelt die Taufe, durch sie werden die Gläubigen bestärkt und ermutigt, als Christen zu leben und den christlichen Glauben in Wort und Tat zu bezeugen. Bei den Lebenskundlichen Unterrichten werden Soldaten durch die Militärseelsorger auf die Möglichkeit zum Empfang des Firmsakraments hingewiesen. Wenn Soldaten darum bitten, spendet ihnen, nachdem sie entsprechend vorbereitet worden sind, der Militärbischof oder ein von ihm entsandter Vertreter die Soldatenfirmung. Die Militärseelsorge hat hier eine wohl einzigartige Möglichkeit mit jungen Menschen den christlichen Glauben und die Fragen des Lebens in einer geblockten Firmvorbereitung zu vertiefen.
Auch in der Militärseelsorge sind Eheschließungen, die Vorbereitung darauf und die Begleitung der Eheleute ein wichtiger seelsorglicher Dienst. Eine besondere Herausforderung in einer pluralen Gesellschaft stellen Bitten von Paaren dar, bei denen eine kirchliche Trauung nicht möglich ist (z.B. wegen der Ablehnung des sakramentalen Charakters der Ehe, einer bereits bestehenden kirchlichen Ehe, bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen oder wenn beide Partner nicht zur Katholischen Kirche gehören). Hier gilt es mit großer Behutsamkeit und Respekt vor den Lebensentscheidungen dieser Menschen intensive seelsorgliche Begleitung anzubieten und Formen des gemeinsamen Betens zu entwickeln.
Personen, die von sich aus darum bitten und vom Bischof für geeignet gehalten werden, werden in entsprechender Weise ausgebildet und vom Militärbischof zu Lektoren und Akolythen beauftragt oder zu Diakonen und Priestern geweiht.
Ist jemand körperlich oder geistig (z.B. in Folge eines Einsatzes) krank, kann mit ihm oder ihr die Krankensalbung gefeiert werden, die Gottes Liebe zum geschwächten und leidenden Menschen ausdrückt. In diesem Sakrament bittet die Kirche um Heilung, es stärkt den Kranken in seinem Leiden und schenkt Hoffnung auf das ewige Leben.
Da gerade im Rahmen militärischer Einsätze bewusste Akte von Gewalt wahrgenommen werden können, die den Frieden der Völker und des Einzelnen stören, kommt dem Sakrament der Versöhnung (Beichte) hohe Bedeutung zu. Bußgottesdienste bereiten auf das Sakrament der Versöhnung vor.
Die Begleitung Sterbender und die kirchliche Begräbnisfeier sind die letzten irdischen Dienste der Kirche für die Menschen. Sie tröstet deren Angehörige und die Gemeinde und stärkt sie im Glauben an die Auferstehung.
Segnungen im Laufe des kirchlichen und militärischen Jahres werden nach Bedarf gefeiert: von kirchlichem Brauchtum (Adventkranz, Adventkalendern, Asche, Kerzen, Erntegaben), von Tieren (Pferden, Hunden), Gegenständen der militärischen Tradition (Fahnen, Standarten, Fahnenbändern, Ehrensäbeln, Signalhörnern), Fahrzeugen und Gebäuden.

12. Ökumenische Feiern mit Vertretern der Orthodoxen oder Evangelischen Militärseelsorge geschehen nach den katholischen Vorgaben. (13) Analog wird bei Gottesdiensten verfahren, die mit zivilen Vertretern getrennter Kirchen oder kirchlicher Gemeinschaften vorbereitet und gefeiert werden.
Nehmen neben einem katholischen Militärseelsorger Vertreter anderer Religionen an einer militärischen Feier teil, so betet jeder in seiner religiösen Tradition, in gebührendem Respekt vor dem Glauben der anderen.

Begleitung der Soldaten im Auslandseinsatz

13. Die Betreuung der Soldaten im Auslandseinsatz gehört zu den wichtigsten Aufgaben der katholischen Militärseelsorge, weil es in Einsätzen meist nur wenige andere Möglichkeiten gibt, an der Feier der Sakramente teilzunehmen, und der Seelsorger für seine Kameraden eine wichtige Ansprechperson in persönlichen, religiösen und ethischen Fragen darstellt. Soldaten im Einsatz befinden sich grundsätzlich in einer Ausnahmesituation, fern von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld. Persönliche Krisen, Glaubenskrisen, familiäre und berufliche Krisen können daher verstärkt auftreten und wirksam werden.
Der Dienst des Seelsorgers ist wie der Dienst der Soldaten, die er begleitet, vielfältig und intensiv. Das ständige Zusammenleben auf engem Raum, das große Arbeitspensum, die Notwendigkeit, sich in einem fremden und manchmal feindlichen Umfeld zurechtzufinden, die Gefahren und Risiken, die Einschränkungen der Privatsphäre, die Trennung von Familie, Freunden und Gemeinde können auch Seelsorger an die Grenzen ihrer Belastbarkeit führen. Andererseits stellt die Nähe und der kameradschaftliche Umgang in einer solchen Gemeinschaft auch eine große Chance dar, für die Soldaten ein sichtbares Zeichen der Freundlichkeit und der Zuwendung Gottes zu den Menschen zu werden, gerade in einem heterogenen Umfeld von Soldaten mit sehr unterschiedlichen Zugängen zu Glaube und Religion, in dem eine mehr oder weniger vorsichtige Distanz zur Kirche und ihren Vollzügen überwiegt. Nicht selten entstehen im Einsatz Freundschaften, die auch nach dem Einsatz noch andauern. Viele Soldaten schätzen das Angebot der Militärseelsorger, bei Krisen und Problemen als erster vertraulicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, für sie da zu sein, zuzuhören und vielleicht gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Aufgrund der abnehmenden Anzahl der Militärseelsorger der Miliz, der Altersstruktur der hauptamtlichen Militärpfarrer, der Anzahl und Art der Auslandseinsätze und der Geltung des Freiwilligkeitsprinzips für die Teilnahme an internationalen Einsätzen kam es in den letzten Jahren wiederholt zu Problemen, geeignete Priester für solche Einsätze zu finden. Da die Begleitung der Soldaten im Einsatz aber zu den Kernaufgaben der Militärseelsorge gehört und die Auslandseinsätze im Bundesheer immer höhere Bedeutung bekommen haben, besteht in dieser Frage dringender Handlungsbedarf, der auch auf der Synode klar erkannt und ausgedrückt wurde.

Notfallseelsorge

14. Krisensituationen, Katastrophen, Unfälle, Kriegsereignisse sind psychisch belastende Ereignisse, die starke emotionale Reaktionen hervorrufen können (Trauer, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Unfähigkeit des Begreifens etc.). In diesen Situationen ist rasche Hilfe sehr wichtig, um die Wahrscheinlichkeit von später auftretenden Folgen zu reduzieren. Die Militärseelsorge betreut und begleitet Soldaten bzw. ihre Angehörigen, die von solchen Ereignissen betroffen sind. Dabei werden auch Methoden der Krisenintervention angewendet.

Ethische Fragen militärischer Einsätze

15. Nach dem Ende des Kalten Kriegs sind bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Staaten oder Gruppen innerhalb eines Staates nicht von der Erde verschwunden. In vielen Ländern sind seitdem neue Konfliktherde entstanden. Auseinandersetzungen entlang nationaler, sprachlicher oder religiöser Zugehörigkeiten sind neu entflammt. Kleinräumige Auseinandersetzungen um Ressourcen nehmen zu. Ideologische Motive scheinen zugunsten wirtschaftlicher bzw. krimineller Motive abzunehmen. Bewaffnete Kräfte, z.T. auch staatliche Akteure, wenden oftmals auch illegale bzw. terroristische Mittel an, die darauf abzielen, durch Zerstörung und Mord Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten. Die neuen Möglichkeiten grenzüberschreitender Kommunikation und Information sowie die globale wirtschaftliche Vernetzung über staatliche Grenzen hinweg haben es bisher nicht vermocht, der Grausamkeit bewaffneter Konflikte wirksam Einhalt zu gebieten. Millionen Menschen in den Konfliktgebieten werden dazu gezwungen, ihr Zuhause und ihre Heimat zu verlassen und verbringen Jahre auf der Flucht oder in behelfsmäßigen Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen.

16. Es ist besonders Aufgabe und Verdienst der internationalen Gemeinschaft, im Rahmen der Vereinten Nationen, aber auch anderer regionaler Organisationen wie der Europäischen Union, solchen Entwicklungen mit diplomatischen, wirtschaftlichen, kulturellen, bildungsmäßigen und erforderlichenfalls auch mit militärischen Mitteln entgegenzuwirken. Einen zentralen Inhalt der Charta der Vereinten Nationen nach den Erfahrungen der Gewalt im Zweiten Weltkrieg stellt das grundsätzliche Verbot zwischenstaatlicher Angriffshandlungen dar: Bei Verletzung dieses Angriffsverbots, bei Gefahr für den Weltfrieden oder der internationalen Sicherheit ist der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ermächtigt, erforderlichenfalls auch militärische Gegenmaßnahmen zu beschließen. Militärische Maßnahmen als äußerstes Mittel kann der Sicherheitsrat auch bei schweren und andauernden Menschenrechtsverletzungen innerhalb eines Staates beschließen, wenn dieser Staat seiner Verantwortung, die Bevölkerung zu schützen, nicht nachkommen kann oder will. Aufgrund der Unübersichtlichkeit vieler Konfliktsituationen ist es dabei nicht einfach zu erkennen, in welchen Fällen eine militärische Maßnahme begründet, verhältnismäßig und erfolgversprechend ist. In welchen Fällen stellt sie wirklich das erforderliche Mittel dar, weil keine adäquaten friedlichen Mittel zur Verfügung stehen? Liegt ein entsprechendes politisches Konzept vor? Dient die konkrete militärische Maßnahme dem Frieden und der Weiterentwicklung einer dauerhaften und gerechten internationalen Ordnung?

17. Die Militärseelsorge muss sich diesen zentralen militärethischen Fragen stellen. Unübersichtliche Lagen stellen Soldaten manchmal vor beträchtliche moralische Schwierigkeiten. Sie werden von Zweifeln und Gewissensfragen bedrängt oder ziehen sich auf die Position eines formalen Professionalismus zurück.
Die Kirche hat sich immer schon mit moralischen und ethischen Fragen beschäftigt, weil christlicher Glaube ohne gutes Handeln leer wird und seine Substanz verliert. Seit ihren Anfängen hat die Kirche die Zusammenarbeit und die gemeinsame Basis mit allen Menschen guten Willens gesucht. Die Sorge um das Gewissen als innerster Kern des Menschen kann zudem in der Sorge um das Heil des ganzen Menschen (Seel-Sorge) nie ausgeblendet werden. (14) Im Ruf des Gewissens drückt sich die Forderung nach Anerkennung des Anderen und seiner Rechte aus. Die gleiche Würde aller Menschen und die Achtung der daraus folgenden menschlichen Grundrechte, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 oder in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 festgelegt wurden, stellen die Grundlage unserer Rechtsordnung dar. Sie sind auch in den Ethikunterrichten im Österreichischen Bundesheer zentraler Bezugspunkt.
Die Militärseelsorge hat keine fertigen Antworten auf alle Probleme, denen Soldaten im Einsatz begegnen können; sie versucht aber, die Antworten der christlichen Tradition und die Perspektive der Berufung aller Menschen zur Gemeinschaft und zum Frieden in die konkreten komplexen Situationen einzubringen. Dabei möchte die Militärseelsorge den christlichen Soldaten helfen, so zu handeln, dass sie ihre Entscheidungen vor sich selbst, vor ihrer Familie, ihrer Gemeinde, vor Staat und Gesellschaft und letztlich vor Gott verantworten können.
Die Militärseelsorge hat dabei eine vierfache Aufgabe: Mit-Leben und persönliches Gespräch mit den Soldaten, um ihren Glauben zu stärken, die Beratung der Kommandanten, die Mitarbeit im Rahmen der berufsbegleitenden ethischen Fort- und Weiterbildung im Österreichischen Bundesheer (Referententätigkeit, Erarbeitung von Lehrmaterialien, Mitarbeit an Curricula, Publikationen und eigene Bildungsveranstaltungen) sowie systematisches Nachdenken, Forschen und lebenslanges Lernen. Militärseelsorger sind in allen vier Aufgabenbereichen tätig. Zur besonderen Förderung der letzten beiden Aufgabenbereiche habe ich als Bischof im Jahr 1997 das Institut für Religion und Frieden gegründet.

Medien und moderne Kommunikationsmittel

18. „Alle Gläubigen haben die Pflicht und das Recht, dazu beizutragen, dass die göttliche Heilsbotschaft immer mehr zu allen Menschen aller Zeiten auf der ganzen Welt gelangt.“ (15) Um die Militärdiözese sowohl unter den Mitgliedern des Österreichischen Bundesheers und deren Angehörigen als auch in den anderen Diözesen Österreichs bekannt zu machen, ist eine qualitativ hochwertige, aktuelle und zeitgemäße Präsenz in den Medien notwendig.
Dies erfordert u.a. einheitliche und grafisch gut gestaltete Medien (Pfarrblätter, Flyer, Informationsbroschüren, Geschenkartikel, Kurzfilm, Website, Social Media, usw.) sowie deren regelmäßige Wartung und Aktualisierung. Ebenso wichtig ist eine wiederkehrende gute Berichterstattung in den Medien (wie in Zeitungen oder Radio- bzw. Fernsehbeiträgen).
Für die Kommunikation innerhalb und außerhalb der Militärseelsorge werden bereits moderne Kommunikationsmittel wie Email, Internet und soziale Netzwerke eingesetzt. Eine besondere Herausforderung bei der Arbeit in einem militärischen Umfeld ist die Parallelität von militärischem Intranet und internetbasierter Kommunikation.

Junge Erwachsene

19. Anders als viele zivile Pfarren erreichen Militärpfarren eine große Zahl von Menschen, die am Beginn ihres Erwachsenenalters stehen (Grundwehrdiener und junge Kadersoldaten).
Deshalb soll es vermehrt zielgruppengerechte Angebote (z.B. Gottesdienste, Gebetsabende etc.) geben. Kooperationen mit zivilen Jugend- und Jungen-Erwachsenen-Projekten sowie diözesanen und pfarrlichen Stellen sollen verstärkt werden. Die Kommunikation mit jungen Menschen kann nur in der für sie gewohnten Weise zielgerichtet gestaltet werden, z.B. über eine ansprechende und aktuelle Website oder über verschiedene Formen von Social Media, welche regelmäßig betreut werden.
Eine besondere Sorge der Militärseelsorge gilt der Förderung geistlicher Berufungen unter den jungen Menschen. Dies erfordert neue und kreative Wege sowie das glaubwürdige Zeugnis christlichen Lebens aller Gläubigen.
Die Teilnahme an der Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes ist gerade für die jungen Teilnehmer (z.B. unsere Rekruten) oft eine besondere Erfahrung. Sie erleben dabei die Kirche als völkerverbindende Gemeinschaft, die im Glauben unterwegs ist. Viele gewinnen dabei einen neuen Zugang zu Maria und zu den Traditionen ihrer Verehrung in der Kirche. Die Botschaft des Friedens, die Hoffnung auf Heilung und der Ruf nach Versöhnung, die mit der Gestalt Marias verbunden sind, berühren Lebensfragen vieler junger Menschen.

Senioren

20. Die Militärseelsorge bietet ihren Angehörigen auch nach Erreichung ihres Ruhestandes Möglichkeiten zur Teilnahme am Leben der Kirche im Militär (z. B. Wallfahrten, Ausflüge, Bibelrunden). Der Austausch von Wissen und Erfahrung, die Aufmerksamkeit für die Interessen und Sorgen des anderen und gemeinsame Feiern schaffen Verbindung zwischen den Generationen.

Familienbetreuung

21. Die Militärseelsorge soll die seelsorgliche Betreuung der Familien, die eine ihrer Kernaufgaben darstellt, in Zukunft verstärken, in Zusammenarbeit mit anderen militärischen und zivilen Stellen, die für Fürsorge und Betreuung der Familien zuständig sind. Vor allem gilt dies für die Unterstützung und Betreuung der Familien von Soldaten im Auslandseinsatz, die vor vielfältigen Problemen stehen: Fernbeziehungen, Ausfall eines Elternteils für die Kinderbetreuung und die Schwierigkeit der heimkehrenden Soldaten, über ihre Erfahrungen zu sprechen und in ihre Rolle in der Familie wieder hineinzufinden. Die Militärseelsorge soll dabei sensibel auf die verschiedenen Lebenssituationen der Menschen heute eingehen. Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten hat sich in den letzten Jahren dieser Themen besonders angenommen.
Ein bewährtes Beispiel für eine intensive Betreuung und Entlastung von Familienangehörigen ist in vielen Pfarren die Kinderferienaktion im Sommer.
Eine wichtige und manchmal sehr belastende Aufgabe ist der Beistand bei schweren Verletzungen, insbesondere Verstümmelungen oder Todesfällen.

Ökumenische und interreligiöse Beziehungen

22. Jesus bittet darum, dass alle eins sein sollen (vgl. Joh 17,21). Ökumene ist ein wichtiger Beitrag zur „Einheit der Menschheitsfamilie“. (16) Die Militärseelsorge ist besonders herausgefordert, ökumenische und interreligiöse Beziehungen aufzunehmen und zu vertiefen, einerseits weil sie im Rahmen des Österreichischen Bundesheers mit Vertretern der Evangelischen wie der Orthodoxen Militärseelsorge sowie mit Vertretern anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften zusammenarbeitet und gemeinsam feiert, andererseits weil Soldaten in ihren Einsätzen auf Menschen unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse treffen und die Zusammenarbeit der Religionen für den Frieden vielfach ein entscheidender Faktor für die Schaffung eines dauerhaften und gerechten Friedens ist.


Zweiter Teil: Optionen für die Zukunft der Militärseelsorge

Glaubensvertiefung und Evangelisierung

23. Es bedarf heute im Bereich der Militärseelsorge der Einübung in und der ständigen Begleitung eines christlichen Lebens: im Katechumenat (Taufvorbereitung), in der Firmvorbereitung, bei Einkehrtagen, durch Gebet und Teilnahme am Gottesdienst der Kirche, durch das Lesen der Heiligen Schrift und den liebevollen und verzeihenden Umgang miteinander.
„Jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung“. (17)
Die Militärseelsorger und alle Gläubigen sollen sich darum bemühen, über den Glauben in klarer und verständlicher Sprache zu sprechen. Eine wertvolle Hilfe kann dabei der Katechismus der Katholischen Kirche, das Kompendium und der Jugendkatechismus (Youcat) sein.
Gerade auch ein Auslandseinsatz kann die Chance bieten, Interessierten und Suchenden auf ihrem Weg zum Glauben zu helfen, damit sie in eine Beziehung zu Jesus Christus hineinwachsen, die grundlegend für den Glauben ist. Dabei halte ich fest, dass persönliches Zeugnis, christliches Vorbild und gemeinsamer wechselseitiger Austausch über Fragen des Glaubens von entscheidender Bedeutung für die Stärkung und Weitergabe des Glaubens sind.
Wenn Menschen darum bitten, sollen sie wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden.

Erneuerung des liturgischen Lebens

24. Die besondere Lebenssituation der Soldaten erfordert auch besondere liturgische For-men. Ein oft geäußerter Wunsch der Synode war, Formen des Betens und liturgischer Feiern auch während des Dienstes vermehrt anzubieten. Hilfreich ist dabei, liturgische Zeichen und Symbole besser und häufiger zu erklären.
Die Feier des Stundengebets soll durch geeignete Behelfe unterstützt werden, damit die Gläubigen in selbstständigen Gruppen oder alleine im Sinn der Kirche feiern können. (18) Dies gilt auch im Hinblick auf Wort-Gottes-Feiern. Gerade an Orten im Einsatz, an denen nicht regelmäßig Eucharistie gefeiert werden kann, sind diese Formen engagierten Soldaten zu empfehlen.
Weiters sollen ein Diözesanrituale und eine Regelung für die Taufvorbereitung Erwachsener erstellt werden, die unter Berücksichtigung der gesamtkirchlichen Vorgaben auf die spezielle Situation von Soldaten ausgerichtet werden.
Es ist für die Militärseelsorge wesentlich, dass es in allen Kasernen stets zugängliche Orte des Gebetes, Kapellen oder Kirchen, gibt.

Neuordnung der Fort- und Weiterbildung der Militärpfarrer

25. Folgende Optionen bieten sich für die Weiterentwicklung der Fort- und Weiterbildung der Militärseelsorger an: a) Ausbau des bisherigen Fortbildungsseminars für Milizseelsorger zu einer Fortbildungsveranstaltung für alle Militärseelsorger. b) Entwicklung eines Modulsystems, das es Militärseelsorgern ermöglicht, aus einer Anzahl militärischer, ethischer und theologischer Veranstaltungen gemäß ihren Interessen und ihren zeitlichen Möglichkeiten auszuwählen. Dabei sollen Möglichkeiten der Bündelung von Ressourcen (Kooperation mit Evangelischer und Orthodoxer Militärseelsorge, mit militärischen, zivilen und kirchlichen Dienststellen) geprüft werden.

Förderung des Laienapostolats

26. „Pflicht und Recht zum Apostolat haben die Laien kraft ihrer Vereinigung mit Christus, dem Haupt. Denn durch die Taufe dem mystischen Leib Christi eingegliedert und durch die Firmung mit der Kraft des Heiligen Geistes gestärkt, werden sie vom Herrn selbst mit dem Apostolat betraut.“ (19)
Die den Laien übertragenen ehrenamtlichen Dienste sollen ausgebaut und vielfältiger werden. (20) Z.B. soll es vermehrt Beauftragungen zum Lektor bzw. Akolythen geben. Der Ausbau des zielgruppenorientierten Bildungsangebots für alle Mitarbeiter der Militärpfarren und Angehörige der AKS soll in Zukunft das Laienapostolat verstärken. Dabei soll auch die theologische Ausbildung verstärkt werden, etwa durch die Ermöglichung und Ermunterung, den Theologischen Kurs zu absolvieren. Laienchristinnen und -christen, insbesondere Pfarrgemeinderäte und Mitglieder der AKS, können und sollen Möglichkeiten zur Ausbildung, Schulung und Weiterbildung wahrnehmen. Für Militärpfarradjunkten soll ein Laufbahnbild für die erforderlichen und vom Dienstgeber anerkannten Ausbildungsschritte erarbeitet werden.

Seelsorge im Auslandseinsatz als gesamtkirchliches Anliegen

27. Die Seelsorge im Auslandseinsatz muss als dringendes diözesanes und gesamtkirchliches Anliegen verstanden werden und von allen Seelsorgern und Gläubigen auf je unterschiedliche Weise mitgetragen werden. (21) Die Initiativen des „Austausches“ unter den Diözesen entsprechen einer vordringlichen Notwendigkeit der kirchlichen Gemeinschaft.
Ich halte im Blick auf die Empfehlungen der Synode fest, dass sich die hauptamtlichen Militärseelsorger in regelmäßigen Abständen zu einem Auslandseinsatz bereit erklären sollen. Durch eine gemeinsame vorausschauende Planung kann auch die individuelle Situation der Militärseelsorger berücksichtigt werden.
Wir haben gute Erfahrungen mit Milizseelsorgern im Auslandseinsatz gemacht, weshalb diese Möglichkeit beibehalten und ausgebaut werden soll. Das erfordert intensive Kontakte zu den zivilen Diözesen und den Ordensgemeinschaften.

Maßnahmen für den Lebenskundlichen Unterricht (LKU)

28. Im katholischen Lebenskundlichen Unterricht stellen die Militärseelsorger katholischen Grundwehrdienern und Lehrgangsteilnehmern gemäß den geltenden rechtlichen Bestimmungen die Militärseelsorge vor und sprechen bedarfsgerecht religiöse und berufsethische Themen an.
Unter den bestehenden organisatorischen und zeitlichen Rahmenbedingungen stellt die Durchführung dieses Unterrichts für die Militärseelsorge heute eine besondere Herausforderung dar.
Verbesserte Planung und Koordination, insbesondere zwischen den Konfessionen, und die Unterstützung der Unterrichtenden durch hochwertige Materialien sind Maßnahmen, die Qualität und Quantität des Unterrichts noch verbessern können. In den Pfarren sollen verstärkt LKUs für Kader zu ausgewählten aktuellen religiösen bzw. ethischen Themen angeboten werden.

Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit

29. Als Grundlage für die Intensivierung der Medienarbeit soll ein Medien- und Kommunikationskonzept erarbeitet und für die Militärseelsorge implementiert sowie die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Ausbau der Kooperationen der Militärseelsorge

Mit nicht-militärischen katholischen Einrichtungen
30. Es liegt im gemeinsamen Interesse, mit nicht-militärischen katholischen Einrichtungen wie der Österreichischen Bischofskonferenz, den zivilen Diözesen, Ordensgemeinschaften, Pfarren und anderen kirchlichen Institutionen zusammenzuarbeiten. Besondere Möglichkeiten ergeben sich im Rahmen der Förderung des Friedens, der Sorge um Migranten und ihre Integration, der katholischen Erwachsenenbildung, der Vorbereitung auf die Sakramente und bei der Förderung des Engagements der Laien.
Milizsoldaten können ein wichtiges Bindeglied zu zivilen Diözesen, der Kirche im Umfeld und anderen Glaubensgemeinschaften sein.
Eine engere Zusammenarbeit mit geistlichen Zentren wie den Klöstern ermöglicht zusätzlich zum historisch-kulturellen Wissensgewinn auch den Anreiz zur Vertiefung der eigenen Spiritualität durch die unmittelbare Erfahrung gelebten Glaubens.

Mit nicht-katholischen Einrichtungen
31. Mit der Evangelischen und der Orthodoxen Militärseelsorge sowie den Kirchen und Religionsgemeinschaften soll der Dialog zur Vertiefung der Theologie sowie die ökumenische und interreligiöse Zusammenarbeit zum Wohl der Menschen noch verbessert werden.
Dabei sucht die Militärseelsorge gemeinsam mit den Dialogpartnern die Fragen und Nöte der Gegenwart noch umfassender zu verstehen. In Unterrichten, Publikationen, gemeinsamen Sozialaktivitäten und Reisen sowie jeder anderen nützlichen Form der offenen Zusammenarbeit soll das Gewissen der ihr Anvertrauten gebildet und Zeugnis für die Einheit der ganzen Menschheit abgelegt werden.

Mit militärischen und staatlichen Dienststellen
32. Eine effiziente ganzheitliche Militärseelsorge erfordert eine vertiefte Kommunikation der beteiligten Menschen untereinander, insbesondere ein Zusammenwirken mit den Bereichen Militärmedizin, Militärpsychologie sowie Sozial- und Familienbetreuung. Militärseelsorger können als Angehörige beratender humanfaktorieller Teams einen wirkungsvollen Beitrag zur erfolgreichen Wahrnehmung der Führungsaufgaben der jeweiligen Kommandanten leisten.
Im Rahmen der Initiativen zu einer Reform des Wehrdienstes im Jahr 2013 werden „Wertschätzung“, „Umgang miteinander“ und „Betriebsklima“ betont und ein „Zentrum für menschenorientierte Führung und Wehrpolitik“ eingerichtet. Die Militärseelsorge begrüßt diese Initiative und wird eine Mit- und Zusammenarbeit auch in diesem Rahmen anstreben.
Weiters soll die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Inneres und dem Außenministerium verstärkt werden.


Schluss

33. Im Bewusstsein, dass uns durch diesen synodalen Prozess im Militärordinariat der Republik Österreich auch für die Zukunft eine große gemeinsame Freude und Hoffnung geschenkt ist, danke ich allen, die aus dem Evangelium leben; allen, die in der Erfüllung eines konkreten Auftrags zum Dienst in der Verkündigung berufen sind und allen, die in den verschiedenen pastoralen, katechetischen, liturgischen und karitativen Bereichen die Frohe Botschaft durch Wort und Tat bezeugen.

Als pilgerndes Volk Gottes sind wir unterwegs: „Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens“ (Hebr 12, 1f).

Auf die Fürbitte der Gottesmutter Maria, unseres Diözesanpatrons, des Hl. Georg, und aller Heiligen und Seligen Österreichs beten wir zu Gott, dass der Glaube in uns wachse. Für die ganze Kirche in Österreich bitten wir: „Stärke unseren Glauben“ (Lk 17,5).

So vertraue ich die Militärseelsorge in Österreich dem Schutz des allmächtigen Gottes und der Fürbitte der seligsten Jungfrau Maria an:


Gütiger Gott,
du wolltest durch deinen Sohn
den Menschen Frieden schenken.
Gib auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria
unserer Zeit die ersehnte Sicherheit,
damit wir alle in friedlicher Gemeinschaft
einander als Brüder und Schwestern lieben.



Wiener Neustadt, den 14. April 2014
Montag der Karwoche 2014
bei der Feier der Chrisammesse
+ Mag. Christian WERNER
Militärordinarius für Österreich


1. Papst Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben in Form eines Motu Proprio Porta fidei vom 11. Oktober 2011, Nr. 7.
2. Alle in diesem Text verwendeten Bezeichnungen von Personen oder Personengruppen sind geschlechtsneutral zu verstehen, sofern sich aus dem Kontext nichts anderes ergibt.
3. Vgl. Instrumentum laboris, Protokolle, Vorschläge, Präsentationen.
4. Soldaten aller Waffengattungen und Dienstgrade, im Dienststand, Milizstand, Reservestand oder Ruhestand.
5. Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes, Nr. 1.
6. Siehe auch Staatsgrundgesetz, Art. 14; Europäische Menschenrechtskonvention, Art. 9; UN-Menschenrechts¬pakt II, Art. 18 und Charta der Grundrechte der Europäischen Gemeinschaft, Art. 10.
7. Veröffentlicht am 15. April 1989 in Nr. 3 des Amtsblattes der Österreichischen Bischofskonferenz, S. 45ff. unter Z. 42.
8. Vgl. Papst Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Spirituali militum curae vom 21. April 1986, VII.
9. Vgl. Die österreichischen Bischöfe, Verkündigung und neue Evangelisierung in der Welt von heute, Wien 2012, 11.
10. K. Lehmann, „Zum schiedlichfriedlichen Verhältnis von Staat und Kirche heute“, in: B. Nacke (Hrsg.), Orientierung und Innovation. Beiträge der Kirche für Staat und Gesellschaft, 59.
11. Regula Benedicti 19,1-2.
12. Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, Nr. 11.
13. Besonders des Ökumenismusdekrets des II. Vatikanischen Konzils Unitatis redintegratio, des Ökumenischen Direktoriums von 1993 und der Richtlinien für Ökumenische Gottesdienste, Vorbemerkungen (Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 36, 1. September 2003, II. 2.).
14. Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung Dignitatis humanae, Nr. 14. Auch Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1785.
15. Codex Iuris Canonici, Can. 211.
16. Vgl. Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute, 24. November 2013, Nr. 245.
17. Ibidem, Nr. 120.
18. Zweites Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium, Nr. 83.
19. Zweites Vatikanisches Konzil, Apostolicam Actuositatem, Nr. 2; vgl. auch Lumen gentium, Nr. 33, 39, 10.
20. Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium, Nr. 29; auch Paul VI., Motu proprio Ministeria quaedam vom 15.8.1972.
21. Zweites Vatikanisches Konzil, Christus Dominus, Nr. 43: „Da auf die geistliche Betreuung der Soldaten wegen ihrer besonderen Lebensbedingungen eine außerordentliche Sorgfalt verwandt werden muss, werde nach Möglichkeit in jedem Land ein Militärvikariat errichtet. Sowohl der Militärbischof als auch die Militärpfarrer mögen sich in einträchtiger Zusammenarbeit mit den Diözesanbischöfen eifrig dieser schwierigen Arbeit widmen. Deshalb sollen die Diözesanbischöfe dem Militärbischof genügend Priester zur Verfügung stellen, die für diese schwere Aufgabe geeignet sind. Gleichzeitig seien sie allen Bemühungen, das geistliche Wohl der Soldaten zu fördern, gewogen.“