Weihnachtsbotschaft des Militärbischofs 2017

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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Quelle: Militärordinariat der Republik Österreich, Referat für Öffentlichkeitsarbeit

2017-12-07
Österreichisches Militärordinariat
- Freistetter, Werner, Militärbischof
Weihnachtsbotschaft des Militärbischofs 2017

Liebe Schwestern und Brüder!

Wenn wir die Erzählung von der Geburt und der Menschwerdung Jesu aufmerksam hören, dann klingt sie für Soldatinnen und Soldaten vielleicht zunächst fremd und unverständlich. Ein Mensch, der in einem Volk aufwächst, das militärisch schon lange nichts zu melden hatte, dessen Familie wohl nicht völlig mittellos, aber auch alles andere als finanziell ausreichend ausgestattet war, der keine staatlichen Ämter anstrebte und der es auch ausdrücklich ablehnte, außerhalb staatlicher Organisationen mit politischen oder militärischen Mitteln Macht zu erlangen, der keine Agenda im strategischen Sinn, der keinen klar umrissenen Auftrag zur Weltveränderung oder Weltverbesserung hatte – dieser Mensch soll der Retter der Welt sein?

Und doch ist es in der biblischen Erzählung am Ende ein Soldat, der als erster erkennt und ausspricht, dass dieser Jesus, der gerade am Kreuz gestorben ist und der tödlichen Gewalt scheinbar nichts entgegenzusetzen hatte, dass dieser Mensch der Sohn Gottes ist.

Wir wissen von diesem Hauptmann sonst nichts, wir kennen nicht einmal seinen Namen. Wir wissen nicht, was aus ihm geworden ist. Aber vielleicht ist es kein Zufall, dass es gerade ein Soldat war, dem im Evangelium dieses Licht aufgeht: der erkennt, dass Ungerechtigkeit und Gewalt weder durch Träumerei noch durch eskalierende Gegengewalt aus der Welt zu schaffen ist. Nur wer sich auf die Wirklichkeit dieser Welt einlässt, die voll von offener oder verborgener Gewalt ist, wer sich auf die mühsame Suche nach Zusammenhängen und Lösungsmöglichkeiten begibt und täglich gegen die verschiedenen Formen der Gewalt ankämpft, die Menschen gefährden und unterdrücken, kann Schritte auf dem Weg des Friedens gehen.

Genau das versuchen die Soldatinnen und Soldaten des Österreichischen Bundesheers, die in zahlreichen Konfliktgebieten im Einsatz sind, Schritt für Schritt auf verschiedenen Ebenen umzusetzen.

Denken wir in diesen festlichen Tagen an alle, die nicht zu Hause bei ihren Familien feiern können! Beten wir besonders auch für die Menschen, die in diesen Tagen von ungerechter Gewalt betroffen sind, deren Lebenschancen zerstört, die vertrieben, verwundet oder getötet werden, und die um ihre Angehörigen und Freunde trauern.

Denn Weihnachten ist nicht nur ein Fest der Vergangenheit, in der wir eine schöne und berührende Geschichte hören. Weihnachten ist zugleich ein Fest der Freude und der Hoffnung: der Freude über die verborgene Gegenwart Christi und der Hoffnung auf sein Kommen in Herrlichkeit: der Hoffnung auf eine Zeit des Friedens, in der Gott alle Tränen trocknen und alle Wunden heilen wird.

+Werner Freistetter
Militärbischof