Bischofsblog - Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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http://www.weltjugendtag.at/bischofsblog-er-wird-alle-traenen-von-ihren-augen-abwischen/, Stand: 2019-01-28

2018-12-17
Österreichisches Militärordinariat
- Freistetter, Werner, Militärbischof
Bischofsblog - Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen

Liebe Jugendliche,

ich freue mich, dass sich viele von euch entschieden haben, zum Weltjugendtag 2019 nach Panama zu fahren.

Es ist eine von zahlreichen Entscheidungen, mit denen ihr euer Leben und eure Zukunft gestaltet. Euch stehen viele Möglichkeiten offen, und vielleicht können sich Menschen meiner Generation gar nicht so richtig vorstellen, wie schön, aber auch wie schwierig diese Offenheit sein kann.

Manche Entscheidungen treffen wir nebenher und unbekümmert, ohne an die Folgen zu denken. Andere reifen erst langsam heran, brauchen Zeit, Zeit zum Nachdenken, zur Abklärung, Zeit mit anderen darüber zu reden, Zeit zum Gebet.

Dabei gibt es so viel Ungewissheit, so viele Risiken in unserem Leben: Soll ich den Sprung wirklich wagen? Wohin wird mich das alles einmal führen? Wer oder was kann mir Sicherheit geben? Gibt es überhaupt Sicherheit?

Im Lukasevangelium erzählt Jesus die Geschichte vom reichen Mann, der am Höhepunkt seiner Bemühungen um eine gesicherte Zukunft voller Selbstzufriedenheit denkt, dass es jetzt für viele Jahre reicht… Da kündigt Gott ihm an, dass er noch in derselben Nacht sterben werde (12, 16-21).

Wir Menschen sind verletzlich und sterblich, wir gehen in eine ungewisse Zukunft. So wichtig es ist, sich für ein friedliches und sicheres Umfeld für alle, für möglichst viele Menschen einzusetzen, können wir Sicherheit letztlich nicht herstellen. Maßnahmen aus übertriebener Sorge um die Sicherheit können die Bedrohungen noch größer machen, als sie vorher waren, und stehen immer in Gefahr, die Freiheit und Grundrechte aller beteiligten Menschen zu beschneiden.

Für Heranwachsende ist es die Liebe vor allem in der Familie, die es ihnen ermöglicht, in Sicherheit selbst zu sein und voller Vertrauen und Hoffnung anderen Menschen begegnen zu können.

Wer sich freilich für die Liebe zu einem anderen Menschen entscheidet bzw. von dieser Liebe erfasst wird, wird Gewohnheiten und alte Sicherheiten aufgeben, kann erschüttert, verletzt und enttäuscht werden. Liebende und Geliebte können sich der Liebe nicht dauerhaft versichern. Sie bleibt ein Geschenk, schön, unverfügbar und veränderlich.

Jesus hat die Liebe seiner Mutter Maria sein ganzes Leben begleitet. Die Evangelien berichten von den Schwierigkeiten bei der Geburt, von der Sorge um den vermissten Sohn, von der neuen Familie der Jüngergemeinschaft, die er seiner leiblichen Familie entgegenstellt. Maria begleitet ihn bis zum Tod am Kreuz, zur Hinrichtung als verurteilter Verbrecher, und hält am Ende seinen Leichnam im Arm. Sie bleibt nach seinem Tod bei den Jüngern ihres Sohnes, den Anfängen der Kirche Christi.

Die Liebe seiner Mutter gab Jesus den Raum, seine Sendung in dieser Welt und die unbedingte Liebe des Vaters zu erkennen. Sie wurde schließlich durch ihn im Himmel vollendet.

Im Buch des Propheten Hosea spricht Gott selbst von seiner mütterlichen Liebe zu Israel:

Ich war es, der Efraim gehen lehrte, der sie nahm auf seine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie, mit Banden der Liebe. Ich war da für sie wie die, die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen. (11, 3-4) Am Ende verzichtet Gott aus Liebe, das Volk nochmals zu bestrafen: „Gegen mich selbst wendet sich mein Herz, heftig entbrannt ist mein Mitleid.“ (11, 8)

Wie in den großen Zukunftsvisionen der alttestamentlichen Propheten spricht Jesus von einer Zukunft mit dem liebenden Gott, die schon angebrochen ist, einer Zukunft des Friedens und der Gewaltlosigkeit, in der die Schwerter zu Pflugscharen umgeschmiedet werden (Jesaja 2,4), in der die Sanftmütigen das Land erben und die Friedensstifter Kinder Gottes genannt werden (Matthäus 5,5.9), in der Gott unter den Menschen wohnt und alle Tränen von ihren Augen abwischt (Offenbarung 21, 3-4).