Fastenhirtenbrief des Militärbischofs

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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Quelle: Unsere Militärpfarre in Tirol 1999/Fastenzeit

1999-02-00
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Fastenhirtenbrief des Militärbischofs

„Wir brechen auf in dreißig Mi¬nuten“, so kann ein Befehl eines Kommandanten an seine Solda¬ten lauten.
„Wir brechen auf in das 3. Jahrtausend“, so lautet der Aufruf des Papstes an alle Gläu¬bigen der Kirche.
Wichtig für den Gläubigen wie auch für den Sol¬daten ist das Ziel. Das Ziel für uns Christen ist der dreifaltige Gott:
Mit diesem Geheimnis bereiten wir uns seit dem Jahr 1997 auf das Jubeljahr 2000 vor, um als Kinder Gottes, glücklich und von Hoffnung erfüllt, den Beginn des 3. Jahrtausends zu begehen.

In diesem Jahrhundert hat es schon viele Aufbrüche gegeben, sehr erfolgreiche, aber auch Auf-brüche in die falsche Richtung, in Sackgassen: Aufbrüche, die zu Einbrüchen wurden, zu Zusam-menbrüchen.
Jetzt gegen Ende des 20. Jahrhunderts wollen wir einen neuen, ei¬nen guten Aufbruch wagen: den Aufbruch zu Gott - dem Geber allen Friedens.

Am Anfang eines Aufbruches zu Gott steht immer die Umkehr. „Bekehr dich und glaub an das Evangelium“, so die Worte des Priesters bei der Austeilung des Aschenkreuzes. Der Herr selbst
hat schon in seiner ersten Predigt gesagt: Kehrt um und bekehrt euch, das Reich Gottes ist nahe! Das ist der Kern der Predigt Chri¬sti: Er ist nah, kehrt um! Erinnern wir uns an das Gleichnis vom verlorenen Sohn: Der fröhli¬che Aufbruch aus dem langweili¬gen Vaterhaus in die Fremde war ein Aufbruch in die falsche Rich¬tung. Dann kommt die Umkehr, die Heimkehr zum Vater – ein Aufbruch in die richtige Richtung, zu Gott: das ist immer eine Heim¬kehr. Ein Freudenfest steht dann am Ende.

Ich möchte in diesem Zusammen¬hang ein Wort des Papstes ins Gedächtnis rufen: „Der Mensch ist zu einer Lebensfülle berufen, die weit über die Dimensionen seiner irdischen Existenz hinaus¬reicht, da sie an der Teilhabe am Leben Gottes selber besteht“ (En¬zyklika „Evangelium Vitae“).

Wir sollen uns freuen am irdischen Leben, aber nie unser Ziel aus den Augen verlieren.
Wie oft kreisen wir nur um uns selbst, gehen in ir¬dischen Beschäftigungen auf, las¬sen uns treiben. Ich nehme mich da als Bischof keineswegs aus. Wie sehr sind auch wir Bischöfe verfangen und gefangen in unzäh¬ligen Kommissionen, Sitzungen und Papieren. Wir Bischöfe soll¬ten in einer Zeit, wo der Glaube so rasant im Schwinden begriffen ist, lieber in das Allerheiligste ein¬treten, und dann mit immer erneu¬ter Kraft verkürzt dem Volk das Evangelium verkünden, sei es ge¬legen oder ungelegen, unsere Gläubigen stärken und Orientie¬rung geben.
Dann sollen die Gläubigen mit „christlicher Begeiste¬rung“ – im wahrsten Sinn des Wortes – in der Gesellschaft, an ihren Arbeitsplätzen, in der Poli¬tik wirksam sein und auch andere Menschen zur Teilnahme am Le¬ben Christi einladen.

„Der Mensch ist zur Teilnahme am Leben Gottes selbst berufen“, das heißt: wir dürfen nicht nur im irdischen Denken verhaftet blei¬ben, sondern müssen die Gedan¬ken Gottes denken, wie der Pro-phet Jesaja sagt: „Meine Gedan¬ken sind nicht eure Gedanken, so spricht der Herr, eure Wege sind nicht meine Wege. So weit der Himmel über der Erde erhoben ist, sind meine Gedanken über euren Gedanken“.
Zu diesen Gedanken, zu diesen Wegen Gottes führt unser Auf¬bruch. Leider sind oft rein irdische Maßstäbe auch in die Kirche ein¬gedrungen. „Wo ist mein Platz in der Kirche?“, so hört man oft. Vor nichts hat Jesus die Seinen mehr gewarnt als vor diesem Sich-selber-einen-Platz-er¬obern-wollen.
Sehr deutlich und oft hat Jesus seinen Jüngern ein¬geprägt: Der Platz in der Ge¬meinschaft mit Christus ist der Platz am Herzen des Herrn! Je näher einer beim Herrn ist, de¬sto höher ist sein Platz.
Ich glaube, Simon von Cyrene, dem unversehens das Kreuz Chri¬sti aufgelastet wurde, war näher beim Herrn als der Hohepriester in seinem Palast. Da gelten ganz andere Maßstäbe!

Der Sieg auf Erden, der irdischen Dimension, wird errungen durch Macht oder Mehrheit.
Der Sieg in der Kirche Christi, in seiner Kirche, in seinem Reich wird errungen durch 0pfer und Hingabe bis zum Letzten.
Ist dieser Weg Gottes nicht gerade für uns Soldaten ein Weg, der für unseren Auftrag wegweisend sein kann oder soll?
Ein Weg des tiefen Vertrauens, der von irdischen Sorgen und Traurigkeiten zur Freude und höchster Aktivität führt (siehe „Ermausjünger“) .
Das Wort des Herrn: „Suchet zuerst das Reich Gottes und alles andere wird euch dazugegeben“ oder „Die Freude am Herrn ist unsere Stärke“ (Prophet Nehemia) läßt uns nicht „abheben“. Denn
natürlich sind auch die Gegebenheiten des irdischen Lebens wichtig, aber die Quelle und Freude allen Lebens kommt aus einer innigen Beziehung zu Gott.

Mit großer Bewunderung und Freude darf ich alljährlich von Soldatenhand errichtete Kreuze, Kapellen, Besinnungsstätten in ganz Österreich und auf unseren internationalen Einsatzorten
segnen und weihen.
Der Soldat ist von Grund auf – bewußt oder unbewußt – ein gläubiger Mensch und will seinen Dienst aus der Kraft des Friedensfürsten gestalten.

Habt Freude an eurem Christsein, habt Freude an der Kirche trotz aII ihrer Schwächen, denn nur sie hat das "Brot ewigen Lebens". So sollen wir Gott aufs Neue entdecken, durch Gebet, Fasten und
Buße: Wie befreiend kann für jeden eine gute Beichte sein!

Am Anfang steht die Erneuerung meines Herzens.
Jeder darf sich dem Herrn schenken und wir werden ein Ostern, einen Aufbruch im wahrsten Sinn des Wortes erfahren. Dann und damit beginnt das neue Zeitalter.

Möge die österliche Bußzeit stärken und ermutigen.

Ein gesegnetes Osterfest wünscht euer

Mag. Christian Werner
Militärbischof von Österreich