Weihnachtsbrief des Militärbischofs im Advent 1997

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

Volltext

Hier finden Sie nährere Details und eine kurze Einführung in das Dokument!

Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 1997, 1. Folge, Wien, 1. Dezember 1997, S. 1-2

1997-12-00
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Weihnachtsbrief des Militärbischofs im Advent 1997

Liebe Angehörige der Militärdiözese!

Weihnachten – ein Fest des Friedens!? Wie ernst nehmen wir diese Botschaft wirklich. Welche Herausforderung bedeutet gerade für uns Soldaten diese Botschaft. Besonders im kommenden Jahr möchte die Kirche über die Grundsätze des Glaubens und daher auch über den Friedensauftrag mit vielen Menschen ins Gespräch kommen.

„Dein Reich komme“. Unter diesem Thema findet derzeit in ganz Österreich ein breit angelegter „Dialog für Österreich“ statt. Dabei sollen Fragen beantwortet werden, die uns Christen bewegen, in einer Zeit des Umbruchs und Aufbruchs in unserem Land, in Europa, aber auch in der Kirche. Gemeinsam mit den Bischöfen möchte ich Sie einladen, sich mit dem Grundtext, welcher in jeder Pfarre erhältlich ist, zu befassen. Viele der aufgebrochenen Fragen betreffen die Angehörigen unserer Diözese und ganz existentiell unsere Soldaten – besonders die Frage nach Gerechtigkeit und Frieden.

Wir alle stehen vor weitreichenden Entscheidungen und hoffen auf Orientierungshilfen im Hinblick auf die Rolle Österreichs. Wir sind in unserer christlichen Verantwortung aufgerufen, besonders über die Fragen von Gerechtigkeit und Frieden nachzudenken und uns in die Prozesse politischer Entscheidungen einzubringen.

In meiner Weihnachtsbotschaft möchte ich Ihnen einige Überlegungen und Impulse für das Gespräch und die Meinungsbildung darlegen: Besonders in der Zeit von Advent und Weihnacht hören wir die Botschaft vom Kommen des Reiches Gottes, des Reiches des Friedens. Frieden ist zunächst Geschenk Gottes, aber auch unsere Aufgabe.

Auch unter Christen mit einem gemeinsamen Friedensauftrag sind verschiedene Meinungen über konkrete Wege und notwendige Schritte zur Verwirklichung des Friedens und der Gerechtigkeit möglich – darauf hat schon das II. Vatikanische Konzil hingewiesen. Beides ist wichtig: der Wille, den Frieden im Sinne Christi zu verwirklichen suchen, und der klare Blick auf die reale Situation mit ihren Bedrohungen, Gefahren, Herausforderungen und Chancen. Oft ist es nicht leicht, die Spannung zwischen dem schon mit Christus gekommenen Frieden und der noch ausstehenden Vollendung der Erlösung in unserer widersprüchlichen Welt zu leben, die vielfach durch unsere Sünde verdunkelt ist.

Aber gerade an Christus sehen wir, wie Gott in dieser konkreten Welt Mensch wird. Er ruft uns auf zur Wachsamkeit, mahnt uns, den Versuchungen und Kräften des Bösen zu widerstehen, ruft zum Tun des Guten, zur Verwirklichung seiner Friedensbotschaft auf, stärkt uns mit seinem Geist und schenkt uns Hoffnung auf das Kommen des Reiches Gottes. Gerade in den vergangenen Jahren haben wir in nächster Nähe die fruchtbaren Auswirkungen von Haß und Gewalt erfahren müssen.

Wir dürfen nie vergessen: Ungerechte Strukturen verursachen viel Leid. Das Böse aber entsteht letztlich in den Herzen der Menschen. Deshalb ist die Botschaft des Herrn vom Reiche Gottes immer verbunden mit dem Aufruf zur Umkehr, zur Vergebung und Versöhnung. Darin liegt unsere ganz persönliche Verantwortung.

Was bedeutet das für unsere Soldaten?

Wir sind überzeugt, daß der Dienst des Soldaten für die Sicherung des Friedens unverzichtbar ist. Dieser Dienst kann nicht einfach auf Kriegsdienst reduziert werden.
Gerade in unserer Zeit erweitern sich die Aufgabenbereiche des Soldaten: vielfältige Formen von internationaler Friedenssicherung, Schub und Hilfe stellen uns vor neue Herausforderungen. Oft sind es gerade Soldaten, die in friedenserhaltenden Einsätzen den Ausbruch von Gewalt verhindern und dadurch Konfliktlösungen und Friedensverhandlungen überhaupt erst ermöglichen.

Bereits das II. Vatikanische Konzil hatte eine solche Perspektive eröffnet, als es den Dienst der Soldaten folgendermaßen charakterisierte: Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.

Dies erachte ich als Kern eines neuen Selbstverständnisses auch für uns österreichische Soldaten. Vielleicht hat Sie meine diesjährige Weihnachtsbotschaft überrascht, aber: Wenn für uns Weihnachten nicht bloß gefühlvolle Erbauung sein soll, sondern eine von Gott geschenkte Wirklichkeit, die unser persönliches und gesellschaftliches Leben durchdringen will, dann müssen wir uns diesen Herausforderungen zur Friedensverwirklichung stellen. In diesem Sinne verstehe ich meinen Wahlspruch als Militärbischof: Christus Pax Nostra – Christus ist unser Friede!

Mit aufrichtigem Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Militärseelsorge, und in besonderer Wertschätzung unserer Kameraden im Assistenzeinsatz an der Grenze sowie im UNO- und SFOR-Einsatz, wünsche ich ein gnadenvolles Weihnachtsfest und ein zufriedenes, gesundes, friedvolles Jahr 1998.

Mit herzlichem Segensgruß

Mag. Christian Werner
Militärbischof von Österreich