Weihnachtsbotschaft 1998

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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Quelle: Militärordinariat

1998-12-00
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Weihnachtsbotschaft 1998

Liebe Angehörige der Militärseelsorge!

Mut zur Weihnacht! Das möchte ich uns heuer zurufen. Nicht wenige Menschen werden in Richtung auf das Jahr 2000 von unzähligen "Wahrsagern" beeinflußt. Da gehört schon eine gute Portion Mut dazu, aus dem Wirrwarr unzähliger "Heilsangebote" das wahre Angebot zu entdecken, es anzunehmen und danach zu leben. Leider müssen viele Menschen zugeben: Wir haben gelernt, wovon wir leben, aber kaum, wofür wir leben.
Die Weihnachtszeit will erneut ein Angebot sein, eine Chance, nachzudenken, das Geschenk des Lebens gut und sinnvoll zu gestalten. Wofür leben wir? - Diese Frage sollten wir uns stellen an der Schwelle zum dritten und letzten Vorbereitungsjahr auf das Jahr 2000.
Der Offizier und Begründer des Jesuitenordens, der Hl. Ignatius von Loyola, hat auf diese Frage - Wofür leben wir? - eine sehr sinnvolle Antwort gegeben: "Ziel unseres Lebens ist: für immer mit Gott zu leben. Gott gab uns Leben, weil er uns liebt. Unsere Antwort auf diese Liebe besteht darin, dass wir Gott dienen; so kann Gottes Leben grenzenlos in uns hineinströmen."
Diese Antwort entspricht auch eindeutig dem Thema des letzten Vorbereitungsjahres 1999, welches uns der Heilige Vater vorgeschlagen hat: "Gott, der Vater aller Menschen".
Es ist für mich immer wieder faszinierend zu hören, wenn Jesus, dessen Geburt wir bald feiern, uns gesagt, gelehrt hat: Zu diesem Gott-Vater dürfen wir, ja sollen wir DU sagen, noch genauer, wir sollen DU PAPA sagen, wenn wir "Vater unser" beten, zu einem Gott, der uns sagt: "Selbst, wenn eine Mutter ihr Kind vergessen würde, ich vergesse dich nicht" (Jes 49,15). Gott ist mir Vater und Mutter zugleich. Er ist eine ganz persönliche Liebe zu allen Menschen, vor allem zu jenen, die seine Hilfe am dringendsten benötigen. Ich finde das großartig!
In der Militärakademie hat es einmal einen Unteroffizier gegeben, einen Waffenmeister; zu dem haben alle "Voda" (= Vater) gesagt. - Warum? - Jeder hat alles von ihm haben können, seine Arbeit hat er hervorragend gemacht, und er war immer hilfsbereit und freundlich; viele junge Offiziersanwärter kamen oft zu ihm um einen guten, kameradschaftlichen Rat - privat oder dienstlich.
Wenn es unter uns schon Menschen mit solch einer Ausstrahlung gibt, wie erst Gott selbst, von dem Jesus sagt, er ist euer Papa. Dennoch - und das wissen wir alle - leben viele unter uns so, auch manchmal wir selber, als ob es diesen Gott nicht gäbe. Wir haben uns, vielleicht aus Enttäuschung über Situationen innerhalb unserer kirchlichen Gemeinschaft, zum Teil oder ganz von Ihm abgewandt, wie der "verlorene Sohn". Sollten wir nicht, vom Weihnachtsfest ausgehend, den mutigen Entschluß fassen, wie beim "verlorenen Sohn": "Ich will heimkehren zum Vater"?
Lassen wir uns in diesem letzten Vorbereitungsjahr vor dem Heiligen Jubeljahr 2000 erneut die Antwort schenken auf meine Frage: Wofür lebe ich?!
Gebt Gott die Ehre, weil er euch liebt! Diese Antwort gibt uns das Weihnachtsevangelium. Wie groß wird dadurch die Freude sein, im Himmel und in uns! Und diese Freude wird neuen Mut machen, "ja" zu sagen zu sich selbst, mit all den Schwächen und Sünden, aber auch "ja" zu sagen zu einem friedvollen Miteinander und Füreinander in der Familie, am Arbeitsplatz, in meinem Dienst als Soldat - auch Andersdenkenden und Andersgläubigen gegenüber. Gott ist aus Liebe Mensch geworden für alle Menschen guten Willens!
Großartiges leisten unsere Soldaten durch den Dienst an vielen Menschen im Grenz-, UNO- und SFOR-Einsatz, in der spontanen Hilfe bei Katastropheneinsätzen. Unzählige Stunden schenken viele Heeresangehörige in humanitären Hilfeleistungen im In- und Ausland. Ein besonders herzliches "Vergelt's Gott" ließ der Heilige Vater den Soldaten durch mich ausrichten für ihren hervorragenden Einsatz im Zusammenhang mit seinem Österreichbesuch. Ich durfte den Soldaten aus ganz persönlicher Überzeugung sagen, dass sie durch ihre Mitarbeit für einen großen Friedensapostel wahre Diener des Friedens geworden sind.
Mut zur Weihnacht! Mut zum Friedensdienst unter den Menschen aus der Kraft des Friedensfürsten Jesu Christi - dies wünsche ich uns allen.
Ich möchte meinen weihnachtlichen Gruß abschließen mit einem Ausschnitt aus dem Gebet des Heiligen Vaters zum dritten Jahr der Vorbereitung auf das große Jubiläum des Jahres 2000:

Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde, Jesu Vater und unser Vater:
In deiner unendlichen Barmherzigkeit hast Du Dich der Armseligkeit des Menschen
angenommen und uns Jesus geschenkt.
Er ist unser Retter und Freund, unser Bruder und Erlöser.

Gütiger Vater, im Heiligen Jahr möge die Liebe zu Dir und zum Nähchsten kräftig blühen:
Die Jünger Christi mögen Gerechtigkeit und Frieden fördern.
Den Armen werde die Frohe Botschaft verkündet und den Kleinen und Ausgestoßenen
möge die Mutter Kirche ihre besondere Liebe zeigen.

Gerechter Vater, das große Jubiläum sei eine günstige Gelegenheit,
dass alle Katholiken die Freude neu entdecken
im Hören auf dein Wort
und im Vertrauen auf Deinen Willen leben zu dürfen.

Vater, reich an Erbarmen, das Heilige Jahr sei eine Zeit der Öffnung,
des Dialogs und der Begegnung mit allen, die an Christus glauben,
und mit den Anhängern der anderen Religionen:
In deiner unermeßlichen Liebe habe reiches Erbarmen mit allen.

Dir, dem Vater des Lebens, mit dem Sohn und dem Heiligen Geist,
sei Ehre und Preis, Lob und Dank in alle Ewigkeit. Amen.

Mit aufrichtigem Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Militärseelsorge und in besonderer Wertschätzung unserer Kameraden im Assistenzeinsatz an der Grenze, sowie im UNO- und SFOR-Einsatz, wünsche ich ein gnadenvolles Weihnachtsfest und ein zufriedenes, gesundes, friedvolles Jahr 1999.

Mit herzlichem Segensgruß
Mag. Christian Werner
Militärbischof von Österreich