Weihnachtsbotschaft 2000

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 2000, Nummer 1, Wien, 20. Dezember 2000, S. 1

2000-12-00
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Weihnachtsbotschaft 2000

Liebe Angehörige der Militärseelsorge!

Camp Casablanca, so heißt das von den österreichischen Soldaten errichtete Lager, besser gesagt „die Heimat der österreichischen Soldaten“ im Kosovo.

Im Jubeljahr 2000 durfte ich eine von österreichischen, deutschen und Schweizer Soldaten errichtete Kirche im Camp einweihen.
Ein kleines Gotteshaus, inmitten eines vom Krieg zerstörten Landes. Klein, aber für viele gläubige und suchende Menschen eine große Kraftquelle.
Dieser kleine Gnadenort ist für mich ein Symbol für das größte Ereignis der Menschheitsgeschichte: Gott wurde Mensch.

Ein bekannter Publizist sagte einmal: Schon merkwürdig: Gott, der Allermächtigste, hat sich zu seinem Erscheinungsort auf Erden das Allerkleinste ausgesucht, einen armseligen Stall in Bethlehem. Es ist alles so unglaublich und paradox, dass es allein schon deshalb wahr sein muß.
Sicher genügt diese Argumentation als Wahrheitsargument nicht, aber es zeigen damalige Ereignisse eine beachtenswerte Linie auf:
- Die Erde wird Schauplatz des göttlichen Handelns, dieses Staubkorn im Weltall.
- Das kleine Volk Israel wird Träger seiner Geschichte.
- Nazareth, ein völlig unbekannter Ort, wird Heimat des Gottessohnes.
- Dieser wird in Bethlehem in einem Stall geboren.
Man braucht keine große Denkanstrengung, um zu begreifen: Gott stellt seine Liebe gegen den menschlichen Hochmut. Gott will nicht von außen erobern, sondern von innen gewinnen, von innen her umwandeln. Die Liebe ist etwas, das sich nicht erhebt, sondern heruntersteigt. Die Liebe zeigt, dass gerade das Heruntersteigen der eigentliche Aufstieg ist. Dass wir in die Höhe kommen, wenn wir uns zu den Armen, zu den Niedrigen beugen. Gott macht sich klein, um den aufgeblasenen Menschen wieder ins richtige Maß zu bringen.

Vergessen wir nie, dass der höchste Würdentitel Jesu Christi „der Sohn“ heißt – Sohn Gottes.

Sein Kindsein ist für uns Wegweisung wie wir zu Gott, zur Vergöttlichung, kommen können. Von da aus ist sein Wort zu verstehen: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen“ (Mt 18,3).

Wer dieses Geheimnis von Weihnachten nicht verstanden hat, hat das Entscheidende am Christsein nicht verstanden.
Die Weihnachtsbotschaft erfährt nicht zuerst ein Herodes, auch nicht die Gelehrten. Es sind zu allererst die Einfachen, die Hirten, die Wartenden, jene, die wissen, dass sie die erlösende Nähe Gottes brauchen. In ihnen ist Bereitschaft und Offenheit vorhanden. Natürlich sind die Weisen nicht ausgeschlossen, wenn es in ihnen eine wirkliche, echte Weisheit gibt, die den Menschen offen macht für das Göttliche, für Christus.
Vielen von uns Soldaten ist solch eine Weisheit geschenkt; dies wird sichtbar in ihrem täglichen Dienst für die Menschen, ob im Inlands- oder Auslandseinsatz: es ist ein Dienst für die Ärmsten, Verfolgten, Vertriebenen, für die Kinder und Schwachen.

Solch eine Gesinnung lässt den bekannten Literaten Heinrich Böll sprechen:
„Ich ziehe die schlechteste christliche Welt allen anderen möglichen Welten vor, weil es in ihr immer Raum gibt für die Armen, für die Bedrängten, für die Mühseligen und Beladenen.
Einem Gott lobenden Soldaten kann man guten Gewissens Verantwortung über Leben und Tod anderer übertragen, weil sie bei ihm gleichsam von der Heiligkeit Gottes mit abgesichert ist“, soweit Böll.
„Grüß Gott 2000“, so habe ich meine vorjährige Weihnachtsbotschaft begonnen: „Grüßt Gott, lobt und dankt ihm allezeit für seine Menschwerdung und Erlösung“, dies ist mein Wunsch zum Weihnachtsfest im Jubeljahr 2000.

Mit aufrichtigem Dank an meine Militärseelsorger und Mitarbeiter in der Militärseelsorge, und in besonderer Wertschätzung unserer Soldaten und Heeresangehörigen für ihren Dienst am Frieden, wünsche ich ein gnadenvolles Weihnachtsfest und ein zufriedenes, gesundes, friedvolles Jahr 2001, auch Euren Familien,

Mag. Christian Werner
Militärbischof von Österreich