Predigt beim Festgottesdienst zum Weltfriedenstag 2001

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 2001, Nummer 1, Wien, 31. Dezember 2001, S. 5-7

2001-05-10 - Augustinerkirche, Wien
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Predigt beim Festgottesdienst zum Weltfriedenstag 2001

Der Weltfriedenstag 2001 stand unter dem Motto: „Dialog zwischen den Kulturen für eine Zivilisation der Liebe und des Friedens“

Zur Feier des Weltfriedenstages 2001 haben wir uns in der wundervollen Kirche St. Augustin versammelt.
Man berichtet, dass Augustinus nach seiner Priesterweihe im Stillen geweint hat, nicht nur weil er die schöne Freiheit des Philosophen verloren hatte, sondern auch aus einem bedrängenden Wissen heraus: Nun trägst du nicht mehr nur deine eigene Last, du musst die der anderen mittragen, die dir anvertraut worden sind. Werde ich dem standhalten können?

Werde ich ihnen so zu dienen vermögen, wie sie es verdienen?
Etwas Ähnliches finden wir in der Geschichte der großen Berufungen in der Bibel immer wieder.
Die Berufenen fürchteten nicht zu allererst den Widerspruch der Menschen, sondern dass sie in ihrer menschlichen Schwachheit das Wort Gottes nicht glaubwürdig verkünden können.

Einige zögern: „Herr, ich bin noch so jung, so schwach!“ Aber Gott ermuntert: „Geh’ nur, ich bin bei dir, ich gebe dir die rechten Worte!“ Und dann gehen sie voll Vertrauen, denn sie wissen sich in Gottes Hand.

Sie wussten: glaubwürdig bin ich nicht in erster Linie durch eigene Leistung und Größe, sondern durch den Mut, dem Herrn zu dienen und das schenkt Überzeugungskraft. Um Glaubwürdigkeit muss es auch in Kirche und Staat gehen.

Solch eine Grundhaltung, solch ein Sendungsbewusstsein lebt uns der Papst vor. Unermüdlich, weltweit sucht er den Dialog mit allen Menschen, Kulturen und Religionen. Er fühlt sich stets gedrängt, wie es in der Schrift steht, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die ihn erfüllt“ (1 Petr 3,15).

Aus solch einer Haltung der Hoffnung beginnt er auch seine Botschaft zum Weltfriedenstag „Dialog zwischen den Kulturen”, er ist fest überzeugt: „Das Streben nach dem Ideal einer wahrhaft universalen Brüderlichkeit beseelt die Menschen. In den verschiedenen Religionen sind die Gläubigen immer bereiter, dass die Beziehung zu dem einzigen Gott und gemeinsamen Vater aller Menschen förderlich dafür sein muss, dass wir uns als Brüder (Geschwister) fühlen und als Geschwister leben.“

Natürlich hat der Papst den klaren Blick auch für die Realität des Bösen in der Welt: Kriege und blutige Konflikte, Feindschaft und Hass, Schwinden von Solidarität u.v.m. Umso dringender ist es, diese Probleme mit „Weisheit“ im tiefsten Sinn des Wortes anzupacken: d.h. für uns gläubige Menschen alle Menschen guten Willens einzuladen, über den Dialog zwischen den verschiedenen Kulturen und Traditionen der Väter nachzudenken und Wege aufzuzeigen für den Aufbau einer versöhnten Welt, und dies aus der Grundorientierung am Wort Gottes (10 Gebote, Bergpredigt).

Wenn wir Soldaten und Heeresangehörige uns heute zum Gottesdienst versammelt haben, dann wollen wir bitten um solch eine Weisheit und uns Kraft holen für das Mitwirken am Aufbau einer versöhnten Welt.

Wir tragen dazu bei, - dem Wunsch des Papstes entsprechend -, den Wert der Vaterlandsliebe zu leben, ohne jedoch die Zugehörigkeit jedes Menschen zur universalen Menschheitsfamilie zu vergessen. (Lourdes-Pilgerfahrt = Zeichen, ja Zeugnis für die Zusammengehörigkeit der Völker).

Anfangen müssen wir bei uns:
Es ist das Gebot der Stunde, dass wir alle als Verantwortliche – Politiker, Militärs, Kirche – bei der Umwandlung in ein Bundesheer/Neu mit einer neuen nationalen und internationalen Positionierung diese neue Situationslage in Glaubwürdigkeit umsetzen und dies als große Chance wahrnehmen:
durch Vertrauen auf Gottes Hilfe,
durch realistischen Optimismus,
durch Verstärkung des Bewusstseins, dass unsere Soldaten ihr Leben und ihre Gesundheit im Ausland für uns alle und vor allem für die Leidenden in den jeweiligen Einsatzräumen aufs Spiel setzen und sie daher unserer vollen Fürsorge und Zuwendung, auch ihrer Familien, während des Einsatzes bedürfen.

Selbstverständlich ist für all diese verantwortungsvollen Aufgaben auch ein entsprechendes Budget dringend notwendig, damit durch modernste Ausrüstung und Ausstattung die Überlebenschancen und der Wirkungsgrad gewährleistet sind.
Das Österreichische Bundesheer sieht sich als „Schule der Mitmenschlichkeit„ im ständigen Dialog mit anderen Kulturen, in der Achtung vor jeder Kultur, wissend, dass die menschlichen Grundwerte in der Natur der Person selbst verwurzelt sind.
Theologisch ausgesprochen: Wir alle sind Kinder Gottes.

Solidarität, Friede, Wert des Lebens, Erziehung, Vergebung und Versöhnung: diese wesentlichen Werte sind vor allem dem jungen Menschen ins Herz zu legen. Wir Soldaten sehen uns als Wächter dieser Werte! Und wir Militärseelsorger werden diesen Auftrag mit großem Einsatz weiterhin unterstützen.

Denn der Kirche ist es aufgetragen, die Welt im Sinne Christi menschlicher zu machen, die Türen zur Welt weithin öffnen: zu Kunst, Kultur und Wissenschaft.
Die Türen zur wirtschaftlichen, sozialen und internationalen Wirklichkeit, die Türen zu Staat und Gesellschaft ebenso wie die Türen zu Ausgegrenzten und allen nur erdenklichen Randgruppen.

Nur eines dürfen wir nie vergessen: die Tür zum Himmel. Die Tür zum Himmel müssen wir weit öffnen, zum barmherzigen und gerechten Gott.
Christus sagt uns: „Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit und dies alles wird euch dazugegeben werden“ (Mt 6,33).

Aus dieser Sicht hat sich im November 2000 die internationale Arbeitsgemeinschaft katholischer Soldaten – unter der Präsidentschaft von Österreich – in Rom versammelt, um über das Thema: „Der katholische Soldat am Beginn des 3. Jahrtausends“ nachzudenken.

In der abschließenden Erklärung heißt es u.a.:
„’Friede auf Erden’ wird nur in dem Maße möglich sein, indem es der Menschheit gelingt, der von der Dynamik der Globalisierung gekennzeichneten Verflochtenheit unserer heutigen Welt Seele, Sinn und Richtung auf dieses Ziel hin zu geben.
Die ursprüngliche Berufung der Menschheit, in der die Würde und Rechte der Person unabhängig von Stand, Rasse und Religion als vorrangig anerkannt und alle Menschen als eine einzige Familie angesehen werden, gilt es zu vermitteln.

Für dieses Ziel stehen auch die katholischen Soldaten mit vielen anderen, indem sie
- der Sicherheit des eigenen Vaterlandes und der Gemeinschaft der Völker dienen,
- der Gewalt wehren,
- den Mitmenschen solidarisch in jeder Art von Not und Gefahr beistehen, und damit umfassend einen Beitrag für den Frieden in der Welt leisten.“

Soweit ein Ausschnitt der Abschlusserklärung.

Darf ich euch abschließend in der vorpfingstlichen Zeit zurufen:
Wenn uns so manche Herren dieser Welt Schrecken einjagen wollen, dann vergessen wir nie: alle diese Herren gehen, unser Herr aber kommt:
„Habt Mut, ich habe die Welt besiegt und werde die Welt vollenden“, so der Herr, Jesus Christus.

Das ist unsere Erwartung, welche uns Hoffnung schenkt und Tapferkeit, gegen all die Unmenschlichkeiten anzukämpfen.
Um solch eine Hoffnung beten wir jetzt, um immer mehr dialogfähig zu werden in Liebe, für den Frieden unter den Menschen.

Löschen wir den Geist der Wahrheit, der Liebe und des Friedens nie aus! AMEN