Predigt zum Weltfriedenstag 1995

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

Volltext

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Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 1995, 1. Folge, Wien, 1. März 1995, S. 1-3

1995-01-24 - Pfarrkirche St. Karl Borromäus, Wien
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Predigt zum Weltfriedenstag 1995 . "Die Frau: Erzieherin zum Frieden"

Sehr geehrte Ehren- und Festgäste!

Zurecht tragen die Verbände des Österreichischen Bundesheeres mit Stolz ihre Traditionsfahnen.
Fahnen bedeuten: hier sind wir und sind bereit, unser Volk zu schützen und zu verteidigen; wir sind bereit, auch unser Leben einzusetzen für den Dienst am Frieden unter den Völkern.
Unsere Fahnen sind Zeichen unserer Bereitschaft, Kameradschaft und unserer Treue zum Vaterland. Vielleicht wundert es manch neu eingerückten Soldaten, daß die Fahne des Gardebataillons nicht ein Held oder ein Soldatenheiliger, wie z.B. der Hl. Georg, ziert, sondern eine Frau - niemand Geringerer als die Gottesmutter Maria.

Das Bild Mariens auf der Fahne wird vorangetragen, wenn das Gardebataillon ausrückt; gilt doch Maria als Schutzfrau Österreichs und daher auch als Beschützerin der Soldaten.

Bis zu 25.000 Soldaten aus der ganzen Welt pilgern jährlich zu Maria nach Lourdes: beten und bitten um den Frieden seit dem Ende des 2. Weltkrieges. Eine Frau als Fürsprecherin und "Mutter des Friedens" - wie Maria oft genannt wird.

Es hat seinen tiefen Grund, warum der Papst zum Weltfriedenstag 1995 das Thema gewählt hat: "Die Frau: Erzieherin zum Frieden."

Nicht jeder Mensch wird beim Hören dieses Themas gleich an Maria denken, aber Frauen und Mütter sind in besonderer Weise begabt, den Wert des Friedens weiterzugeben.

Sicher auch in wichtigen Positionen des kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens, aber vor allem im Familienleben.

Ich danke Gott für mein größtes Geschenk.
Ich danke Gott für meine Eltern.
Ich danke Gott für meine Mutter.
Sie ist für meine Geschwister und mich die Person, welche uns bis heute Geborgenheit, Trost, Zuwendung, Zeit, Verständnis und Liebe schenkt. Fröhlichkeit und Glauben sind in ihr tief verwurzelt.
Wir Geschwister sind dankbar, eine Einstellung zum Leben mitbekommen zu haben, welche Christus uns vorgelebt hat.

Durch Christus dürfen wir erfahren und lernen, was das größte Gebot ist: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Vernunft. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Mt 22,37-39); das heißt, Frieden mit Gott und Frieden unter den Menschen.

Aus der Erfahrung meiner christlichen Friedenserziehung und meiner Ausbildung zum Offizier des Österreichischen Bundesheeres war der Wahlspruch als Militärbischof ein spontaner Gedanke, ein Wort aus der Heiligen Schrift: Christus ist unser Frieden (Eph 2,14).

An dieser Stelle möchte ich in großer Dankbarkeit meines Vorgängers, Militärbischof Dr. Alfred Kostelecky, gedenken, welcher in seiner großen Liebe zu den Soldaten für mich stets Vorbild war und bleibt.
Der herzliche Briefwechsel mit seiner Mutter während seines Fronteinsatzes im 2. Weltkrieg zeigt die große innere Kraft, welche von einer Frau, einer liebenden Mutter ausgeht, gegenüber ihrem Sohn, in schwersten Stunden des Lebens.
Unzählige Beispiele bestätigen den Satz: Starke Männer haben starke Mütter: denken wir nur an die Mutter des großen Kirchenlehrers Augustinus, die hl. Monika, oder an die besonders innige Mutterbeziehung des Kardinals Mindszenty in seinen härtesten Lebensabschnitten.

Die Frau: Erzieherin zum Frieden.

Aus dem bisher Gesagten wird vielleicht schon deutlicher, welch große Bedeutung die Frau auch im Leben eines Soldaten hat:
- wie aufbauend ist nach hartem Dienst, vor allem für Den Grundwehrdiener, das Beisammensein mit seiner Freundin oder seiner Familie
- wie wichtig sind die Briefe aus der Heimat für jeden UNO-Soldaten
- wie wichtig ist für Soldaten aller Dienstgrade das Wissen um ein gutes Familienleben, die Freude, mit seiner charmanten Gattin verschiedene Veranstaltungen und Feste besuchen zu können, oder auch hie und da sich seine Sorgen von der Seele reden zu können
- andererseits ist es aber auch sehr wichtig, die Freizeit besonders der Frau und den Kindern zu widmen.

Wir alle wissen: Es besteht ein großer Zusammenhang zwischen einer guten Arbeit im Dienst und einem guten Familienleben.

Wie bedeutsam ein gutes Familienleben ist, merkt man besonders an den Kindern und Jugendlichen.
"Durch die besondere Beziehung, welche eine Mutter vor allem in den ersten Lebensjahren an das Kind bindet, bietet sie ihm jenes Gefühl von Sicherheit und Vertrauen, ohne daß es ihm schwerfiele, die eigene personale Identität richtig zu entwickeln und später positive und fruchtbare Beziehungen zu den anderen herzustellen", so der Papst in seiner Botschaft.

Ein trauriges, ja erschreckendes Beispiel von oft noch jungen Menschen, welche solch wichtige Beziehungen in ihrem Leben nie oder kaum erfahren haben, erleben wir ja ganz in der Nähe: in der U-Bahn-Station Karlsplatz. Für viele kommt leider jede Hilfe zu spät.

Umso mehr haben wir alle den Auftrag vorausschauend (!) zu wirken, den Kindern friedensstiftende Werte ins Herz zu legen und ins Leben mitzugeben.

Da dürfen die Frauen und Mütter nicht alleingelassen werden in dieser so lebensentscheidenden Erziehungsarbeit. Die Kinder brauchen die Anwesenheit und Sorge beider Eltern. Die Art und Weise wie die Eheleute ihr Leben gestalten, wirkt sich zutiefst auf die Psychologie des Kindes aus:
Dort lernen sie aus der lebendigen Erfahrung die den Frieden fördernden Werte:
die Liebe zur Wahrheit und Gerechtigkeit,
den Sinn für eine verantwortungsbewußte Freiheit, die Hochschätzung und Achtung des anderen, Konfliktbewältigung und in religiösen Familien die Liebe zu Gott.

Vor allem durch eine gute Gottesbeziehung bekommt der Mensch Antworten auf seine tiefsten Fragen nach dem Sinn des Lebens, auf die Fragen: Was kommt nach dem Tod? Wer befreit mich von Schuld? Wer schenkt mir innersten Frieden?

Und solch ein Friede, welcher von Angst befreit und Hoffnung schenkt, ist die beste Voraussetzung für ein gutes Miteinander und Füreinander unter den Menschen. Wichtig auch für ein neues Europa.

Die Garde hat das Bild Mariens auf ihrer Fahne, Feldmarschall Radetzky traf keine wichtige Entscheidung in seinem Leben ohne das Rosenkranzgebet.

Maria: Vorbild des Friedens. Königin des Friedens. Diese "Ehrentitel" hat diese Frau erlangt durch das Beispiel ihrer Verfügbarkeit für die Nöte der anderen, durch ihre Mütterlichkeit, das Leben zu hüten und zu beschützen.
Das Leben zu hüten und zu schützen, sowie verfügbar zu sein für die Nöte der anderen, ist die vordringliche Aufgabe auch für uns Soldaten.

Maria bringt den "Friedensfürst" zur Welt, mit dem Hinweis:
"Tut, was Er euch sagt!"

Wenn wir tun, was Christus uns sagt und vorgelebt hat, dann sind wir auf dem richtigen Weg, auf dem Weg des Friedens.

Die Menschheit ist immer wieder in Versuchung, den "Turmbau von Babel" zu wiederholen. Was wir brauchen, ist ein "Pfingsten": den Geist der Liebe, des Friedens und der Hoffnung.
Was wir brauchen, ist die Haltung des Gebets und der Wachsamkeit, so wie die Jünger, - Maria in ihrer Mitte-, vor der Erscheinung des Auferstandenen mit seinem Geschenk an alle Menschen guten Willens: "Der Friede sei mit euch!"

Gerne schließe ich mich der Bitte des Papstes in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag an:
"Ich bitte die selige Jungfrau Maria, den Männern und Frauen beizustehen, die sich durch ihren Dienst am Leben für den Aufbau des Friedens einsetzen. Mögen sie mit ihrer Hilfe allen, vor allem jenen, die im Leid lebend nach Gerechtigkeit hungern, die liebende Gegenwart des Gottes des Friedens bezeugen können!"

In diesem Sinne danke ich allen Soldaten und Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres für ihren Dienst am Frieden. AMEN