Predigt anlässlich seiner Inthronisierung

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

Volltext

Hier finden Sie nährere Details und eine kurze Einführung in das Dokument!

Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 1995, 1. Folge, Wien, 1. März 1995, S. 3-5

1994-07-25 - Georgskathedrale, Wr. Neustadt
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Predigt anlässlich seiner Inthronisierung

Wie viele schwerverwundete Soldaten haben diese oder ähnliche Worte ausgerufen, wenn ein Militärseelsorger sie auf die letzte Stunde vorbereiten wollte: "Nein, ich will nicht sterben, ich sterbe nicht!"

Der junge Kaiserjägerleutnant, der im Winter 1916/17 mit durchschossener Leber und einer Lungeninfektion im Feldspital lag, sagte auch seinem Feldkurat: "Ich sterbe nicht!" aber ersetzt fort: "Ich will Priester werden." Er ist es geworden - der Franz Alexander KERN; er trat in GERAS in den Prämonstratenserorden ein, nahm den Ordensnamen Jakob an und starb in jungen Jahren im Rufe der Heiligkeit.
Für viele unter uns wird der Bezug fehlen von Jakob KERN und dem heutigen feierlichen Anlaß. Für mich aber hat dieser Jakob KERN eine besondere Bedeutung: schon auch dazu, am heutigen Festtag des heiligen Apostels Jakobus.
Daß ich hier als euer Militärbischof diesen Festgottesdienst feiern darf, verdanke ich Gott, den Gebeten vieler Menschen und besonders meinem Vorgänger Militärbischof Dr. Alfred KOSTELECKY. Er, der selber schwerst verwundet aus dem Krieg heimgekehrt ist und gerade deshalb seine Soldaten, seine Kameraden so sehr geliebt hat: Er lebte in einer innigen Herzensgemeinschaft, geistlicher Freundschaft mit dem Offizier und Sühnepriester Jakob KERN.

Während er mir als Weihegeschenk das Bischofskreuz umgehängt hat, sagte er zu mir: "Ich habe diesen Wunsch meiner Nachfolge oft auch Jakob KERN anvertraut." Der letzte Wunsch, ja fast die letzten Worte Bischof KOSTELECKYS zu mir am 21. Februar waren: "Du, am 20. Oktober feiern wir gemeinsam in der Militärakademie zum 70. Todestag von Jakob KERN einen feierlichen Gedenkgottesdienst."
Dazu, zu einem gemeinsamen Gottesdienst wird es nur mehr in geistlicher Gemeinschaft kommen. Dankend für seine Fürsorge und sein Gebet, werde ich an diesem Tag besonders seiner gedenken.

Danken möchte ich aber ganz besonders meinen noch lebenden Vorgängern als Militärbischöfe; genauer gesagt als Militärvikare: meinen hochwürdigsten Mitbrüdern Kardinal KÖNIG und Bischof ZAK, welche zusätzlich zu ihrem Amt als Diözesanbischöfe mit großer Hingabe die Militärseelsorge aufgebaut haben.

An dieser Stelle darf ich auch dankend erwähnen die volle Unterstützung der Militärseelsorge durch alle Diözesanbischöfe, auch personell, trotz des großen Priestermangels! Ich möchte besonders hervorheben die immerwährende Unterstützung durch unseren Hwst. Herrn Kardinal GROER, welcher nicht nur hier in der wundervollen St. Georgskathedrale eine geistliche Heimat gefunden hat, sondern stets bereit ist, der Militärseelsorge - vor allem personell - zu helfen. Gleiches gilt für die Bischöfe meiner Heimatdiözese Bischof KRENN und Bischof FASCHING. Herzlichen Gruß meinen Mitbrüdern im Bischofsamt und aufrichtigen Dank.

In dieser Stunde, da ich offiziell die Aufgabe des Militärbischofs für das Österreichische Bundesheer übernehme, ist es mir ein besonderes Anliegen, allen Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres in aufrichtiger Verbundenheit und Kameradschaft meinen herzlichen Gruß zu entbieten: vor allem aber Dank für eure bisherige Kameradschaft und Unterstützung als Offizier, Militärseelsorger und Militärbischof.

Es ist erbauend für mich, Dienst für mein Vaterland ÖSTERREICH tun zu dürfen: vor allem Seelsorgedienst: Muß doch die Sorge um die Seele des Menschen gerade in der heutigen Zeit die vorrangige Sorge sein; nicht nur für uns Priester, sondern für alle Menschen, welche sich dem Gemeinwohl der Menschen, der Würde des Menschen und dem Frieden unter den Menschen mitverantwortlich fühlen.

Im Sozialhirtenbrief der katholischen Bischöfe ÖSTERREICHS heißt es unter anderem:
"Christen nehmen das Beispiel und die Friedensbotschaft Christi ernst und wollen dazu beitragen, daß weltweit Krieg und Kriegsvorbereitung geächtet und Wege des Friedens gesucht werden.
Wir begrüßen, daß die Angehörigen des Bundesheeres ihren Dienst zum Schutz der österreichischen Neutralität und im Dienst der Vereinten Nationen als Beitrag zur Erhaltung des Friedens verstehen." Soweit der Ausschnitt aus dem Sozialhirtenbrief.

Christsein und Soldatsein sind also in unserem Land keine Gegensätze, vielmehr sind sie hingeordnet auf das gemeinsame Ziel: dem Gemeinwohl und dem Frieden zu dienen. Der Militärseelsorge geht es um den Menschen, um seine Weiterentwicklung und Formung im Glauben und im sittlichen Verhalten, um seine Persönlichkeitsbildung aus dem Geiste Christi: unsere Soldaten sollen nicht nur - biblisch ausgedrückt - "dem Kaiser geben, was des Kaisers ist, sondern auch Gott, was Gottes ist."
Der Bischof selbst, als Nachfolger der Apostel, Glied des Bischofskollegiums, welches die Gesamtkirche repräsentiert, hat als erste Aufgabe mit den Priestern und Mitarbeitern allen die frohe Botschaft Gottes zu verkünden, wie der Herr befohlen hat. Er leitet die Teilkirche in voller Weihe-, Lehr- und Hirtengewalt, welche in der Nachfolge Christi vor allem durch den Dienstcharakter ausgezeichnet ist. "Bei der Ausübung des Hirtenamtes" - so heißt es im Katechismus der Katholischen Kirche - "soll dem Bischof der gute Hirt als Vorbild und 'Gestalt' dienen."
Die Gläubigen aber müssen dem Bischof anhängen wie die Kirche Jesus Christus und wie Jesus Christus dem Vater (LG 27).

Es geht hier um die Einheit und Treue zur Kirche. Nur in einem Miteinander und Füreinander ist eine gedeihliche Arbeit möglich: in jeder Institution, besonders aber in der Kirche: "Vater, ich möchte, daß sie alle eins sind!" so die Worte des Herrn.

Einheit in der Vielfalt!
Einheit, Zusammenhalt durch Einbringen der verschiedenen Charismen: Begabungen und Talenten - und das mit Ehrgeiz und Freude!
Der Apostel Jakobus, welcher mit seinem Bruder Johannes, auch "Donnersohn" genannt wurde, zeigt uns in eindrucksvoller Weise, daß Christusnachfolge nichts mit "frömmlerischem Gehabe" zu tun hat, sondern den ganzen Mann verlangt: Ehrgeiz, Treue, Einsatz für die Erlösungs- und Friedensbotschaft des Herrn unter Einsatz seines Lebens!

Treu bis in den Tod! Das geloben auch wir Offiziere! "Allzeit getreu": das ist auch der Wahlspruch der Wiener Neustädter!

Wir Militärseelsorger arbeiten im Auftrag des Friedensfürsten Jesus Christus, der durch sein Kreuz und seine Auferstehung alle Menschen mit Gott versöhnt hat, der die Einheit aller Menschen, den Frieden unter den Menschen gewirkt und bewirkt hat und durch seinen Geist weiterwirkt.

CHRISTUS IST UNSER FRIEDE, so auch mein bischöflicher Wahlspruch. Diesen Geist des Friedens in die Herzen der Menschen zu tragen, ist Aufgabe der Kirche, ist Aufgabe der Militärseelsorger.

Das Konzil hat die Unmenschlichkeit des Krieges verurteilt und einen Aufruf an die Christen gerichtet, im Geist Christi - in dem sich der Frieden gründet -, mit allen Menschen zusammenzuarbeiten, um untereinander in Liebe und Gerechtigkeit den Frieden zu festigen und alles das bereitzustellen, was dem Frieden dient. Damit leistet die Kirche, die Militärseelsorge einen wichtigen Beitrag zur Festigung des Friedens und zur Schaffung einer soliden Grundlage in der Völkerfamilie.
In der Verwirklichung des pastoralen Auftrages der Militärseelsorge sehe ich daher folgende Schwerpunkte:
* Intensivierung der Glaubens- und Gewissensbildung auf der Basis der christlichen Botschaft: vor allem im Lebenskundlichen Unterricht in kleinen überschaubaren Gruppen;
* Vermehrtes Angebot von Seminaren für das Kader;
* Schwerpunktsetzung vor allem in der Betreuung während der Offiziers- und Unteroffiziersausbildung und Fortbildung, sowie während der Chargenkurse;
* Stärkerer Kontakt zu den Milizverbänden;
* Gute Kontakte und Zusammenarbeit mit den höheren Stäben
* Weckung und Entdeckung von Priesterberufungen unter den Soldaten
* Sorge um die Familien;
* Gewinnung von neuen Mitarbeitern in der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten und im Pfarrgemeinderat;
* Besonderes Augenmerk auf das feierliche Begehen der Liturgie im Sinne des 2. Vatikanischen Konzils;
* im UNO-Einsatz: verstärkter Erfahrungsaustausch mit Militärseelsorgern anderer Länder;
* Hilfe beim Aufbau einer Militärseelsorge in unseren Nachbarländern: SLOWAKEI, TSCHECHIEN, UNGARN, SLOWENIEN;
* Ausbildung der Militärseelsorger in mehreren Sprachen.
* Vermehrte Öffentlichkeitsarbeit
Wir haben uns viel vorgenommen, aber wir Militärseelsorger sind ja nicht allein: AKS, PGR- ALLE sind eingeladen mitzuarbeiten.
Eines ist besonders wichtig: beim Bundesheer haben wir noch die Jugend - die jungen Erwachsenen: Papst Johannes Paul II. hat oft in seinen Ansprachen zu Militärs auf die Wichtigkeit des Wehrdienstes als SCHULE DER DISZIPLIN verwiesen.

Abschließend möchte ich nochmals danken, vor allem Papst Johannes Paul II., für das Vertrauen, welches er meiner Person entgegenbringt. Ich werde dem Hwst. Nuntius in ÖSTERREICH, Exzellenz DDr. SQUICCIARINI, bitten, meinen Dank und die Versicherung meiner aufrichtigen Treue und Ergebenheit an den Heiligen Vater weiterzuleiten.

Es ist mir ebenso eine selbstverständliche Pflicht, meinen aufrichtigen und respektvollen Dank der Österreichischen Bundesregierung dafür zu sagen, daß sie meine Person für das Amt eines Militärbischofs respektiert. Ich sehe darin einen Akt des Vertrauens und verspreche, mich ehrlich zu bemühen.
Ich danke dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung, allen verantwortlichen Damen und Herren im Ministerium, den Sektionsleitern, Generälen, allen Offizieren und Unteroffizieren, allen Professoren des Schulbataillons für die bisherige ausgezeichnete Zusammenarbeit und bitte, mir weiter, wie meinen Vorgängern, Vertrauen und Wohlwollen zu schenken.

Ich schließe an, meinen mitbrüderlichen Dank, allen Militärseelsorgern, ob im Ruhestand, im Aktiv- oder Milizstand, als Subsidiare oder Diakone. Besonders danke ich den Pastoralassistenten und Pfarradjunkten, sowie allen Mitarbeitern im Pfarrgemeinderat und in der AKS und allen Helfern.

Wir alle sind ja Kirche unter den Soldaten!
Ich freue mich auf eine weitere gute und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Abschließend, weil so nahe und eng verbunden, danke ich besonders meinen engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Militärordinariat und im Militärbischofsamt.

Einen brüderlichen Gruß erlaube ich mir auch an die Militärseelsorger und Mitarbeiter der evangelischen Kirche zu entbieten, mit dem Wunsch nach einer weiteren so guten Zusammenarbeit im ökumenischen Geist wie bisher.

Allen verspreche ich meinen freudigen Eifer im Sinne des "Donnersohnes" Jakobus und erwarte eure Mitarbeit mit offenen Händen und mit offenem Herz. So wollen wir nun in der Eucharistiefeier Gott danken!
Der Herr segne unser Mühen, damit es Früchte bringe, bleibende Frucht für unser Vaterland und für den Frieden unter den Völkern! AMEN