Homilie zum Begräbnis Militärbischof Dr. Alfred Kosteleckys

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Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 1994, 1. Folge, Wien, 8. April 1994, S. 2-4

1994-03-02 - Dom, Wiener Neustadt
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Homilie zum Begräbnis Militärbischof Dr. Alfred Kosteleckys

Schon oft durfte ich am Allerseelentag vor dem Kriegerdenkmal am Wr. Neustädter Dom - dem Eisernen Mann - während der militärischen Allerseelenfeier das Wort Gottes verkünden. "Allzeit getreu" steht über der Statue, "Allzeit getreu", der Wahlspruch der Wr. Neustädter. Wenn ich heute als Nachfolger unseres Militärbischofs Dr. KOSTELECKY Worte des Dankes, des Trostes und der Bitte sprechen darf, möchte ich an die Spitze dieses "Allzeit getreu" stellen: denn allzeit getreu war Bischof KOSTELECKY.

Treu gegenüber Gott
Treu gegenüber seiner Heimat ÖSTERREICH

Viele von uns kennen sein tiefes Gottvertrauen im unermüdlichem Gebet und seine tiefe Ehrfurcht im liturgischen Dienst.
Nichts konnte festlich und feierlich genug sein, um Gott gebührend zu loben und zu preisen.
Nur wenige wissen um sein schriftliches Glaubenszeugnis, welches seinen Feldpostbriefen zu entnehmen ist, wenn es etwa heißt:
"Ansonsten vertraue ich auf Gott, er macht alles recht, das ist mein Glaube und aus diesem Glauben lebe ich", oder "Ich will nur den Willen des Vaters tun und weiß mich dabei in seiner Hand geborgen."
Einfache, schlichte Ergebenheit in den Willen Gottes.

Diese Glaubenshaltung machte Bischof Alfred aufmerksam auf einen Soldaten, welcher nach dem Krieg Priester wurde:
Jakob KERN, ein Wiener, der zuerst Kaiserjägeroffizier und Kriegsversehrter, dann Prämonstratenser-Chorherr geworden war, um sein Leben - oder seinen Tod - für einen anderen einzusetzen: stellvertretendes Leid - ein Seligsprechungsprozeß ist eingeleitet.
Große Verehrung empfand Bischof KOSTELECKY gegenüber diesem jungen Menschen, welcher vor 70 Jahren, erst 27jährig im Ruf der Heiligkeit gestorben ist.
Es ist eine Fügung Gottes, wenn Bischof Alfred im Niederösterreichischen Landhaus während einer Einladung durch den Landeshauptmann in einem Pausengespräch den Wunsch äußerte, zum 70. Todestag von Jakob KERN einen festlichen Gedenkgottesdienst am 20. Oktober in der Militärakademie zu feiern.
Wie groß war auch seine Freude, als er mit dem Jahrgang BANFIELD, mit seinen geliebten Fähnrichen, auf deren Wunsch nach ROM zum Hl. Vater pilgerte, um für den Frieden zu beten und dem Papst ein Büchlein über Jakob KERN zu überreichen.

Es war ein Symbol für seinen Todestag, daß die Kirche an diesem Tag das Fest der Cathedra Petri feierte: Ein Zeichen für seine treue Verbindung zum Hl. Vater.
Jakob KERN sagte einmal, kurz vor seinem Tod, in schwerster Krankheit, nachdem die ihn betreuende Schwester klagte: "Du armer, armer Märtyrer!"
"Ich bin nicht arm. Weißt Du nicht, daß Gott immer und zu allen Zeiten Menschen braucht: die einen zum Arbeiten, die anderen zum Leiden. Und wenn mich der Heiland zum Leiden bestimmt hat, bin ich bereit, solange es der Herr haben will."
Wir alle wissen es, Gott hat Bischof KOSTELECKY sowohl zum Arbeiten als auch zum Leiden gebraucht.
Vieles seiner Arbeit ist schon in der Ansprache des Hochwürdigsten Herrn Kardinals und in den Medien gewürdigt worden: seine großen Verdienste um gute Zusammenarbeit von Kirche und Staat, sein unermüdlicher Einsatz als Sekretär der Bischofskonferenz, sein Ringen um ein gutes ökumenisches Gespräch, sein ständiges Bemühen als Militärbischof, trotz seiner schweren Leiden und Schmerzen, bei seinen Soldaten sein zu können, seine vorbildhafte, mitreißende Tätigkeit unter den farbentragenden Verbänden des CV, MKV, der Ritterorden, des Deutschen Ordens, der Kameradschaftsverbände und vieles mehr.
Man könnte meinen, daß ein hervorragender Jurist und Verwalter ein trockener und ernster Mensch sein müßte. Bischof KOSTELECKY bewies das Gegenteil, als er mit größter Fürsorge und Liebe, hilfesuchenden Mitmenschen zur Seite stand und auch viele praktische Situationen des Lebens mit seinem einsichtigen und stillen Humor zu meistern wußte.
Liebevoll - sein vielsagendes Lächeln auf den Lippen - waren seine letzten Worte zu mir, nach dem Empfang beim Landeshauptmann: "Du ich weiß, du bist viel unterwegs, aber wir müssen uns öfter anrufen: ich hab' schon wieder einen großen Stoß Papier für dich vorbereitet."

Es war einer der vielen Papiertürme, welche meinen lieben Bischof Alfred wie Wachesoldaten in seinem Arbeitszimmer umragten.
Ja, Gott brauchte ihn für die Arbeit: Er wird es ihm auch lohnen: Die Menschen taten dies durch eine Vielzahl von Würdigungen.
Aber er brauchte ihn auch für das Leid: Mehrfach schwer im Krieg verwundet, begleitete ihn sein Kreuz, aber auch der gelebte, tiefe Glaube seiner lieben Eltern; Vom Vater liebevoll die Stufen hinauf zur der Universität getragen, von seiner Mutter gepflegt, von guter Ärztehand betreut und von geistlichen Schwestern aufopfernd umsorgt, trug er sein Leid. Seine engsten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Sekretariat der Bischofskonferenz, im Militärbischofsamt und im Militärordinariat waren bis zuletzt liebevoll besorgt, sein Leiden und manchmal auch seine Einsamkeit mitzutragen.

Keine Termine ließ er aus, um bei seinen Soldaten zu sein, manchmal sehr geprägt durch seine Krankheit: aber was machte es ihm: er war ja ihr Seelsorger und ihr Hirte.
Ich erinnere mich an die Predigt zum Weltfriedenstag 1991 in WR. NEUSTADT, hier in seinem Dom als Titularbischof (es waren Politiker, Soldaten, Schüler und alle Neustädter eingeladen):
Unter anderem sagte er: "Eines möchte ich Euch mit den Worten des Apostel Petrus sagen: Seid nüchtern und wachsam, denn euer Widersacher, der Teufel, euer Feind geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht wen er verschlingen kann. Widersteht tapfer im Glauben... Seid nüchtern deswegen, weil es das Böse gibt, weil es Gewalt in der Welt immer wieder gibt und der Gewalt muß man widerstehen.
Vor allem aber betet und baut auf den Frieden in euren Herzen und zwar dadurch, daß ihr nach der Wahrheit sucht, daß ihr euer Gewissen an dieser Wahrheit bildet.
Achtet das Gewissen jedes Menschen und tretet hin vor Gott zum Gebet.
Habt Frieden mit Gott, Frieden mit euren Mitmenschen und sorgt, daß dieser Friede unserem Land erhalten bleibt. Beten wir für unser Vaterland, Gott schütze ÖSTERREICH."
So sprach er oft und eindringlich, gemäß seinem Wahlspruch "PAX ET JUSTITIA": Das war sein Auftrag an uns Militärseelsorger, unseren Soldaten den Frieden ins Herz zu legen.
Gern werden wir weiter diesen Dienst an unseren Soldaten erfüllen.

Speziell die heute so gut funktionierende Struktur der Militärseelsorge wäre ohne seine tatkräftige Aufbauarbeit und Führung, seine diplomatische Steuerung und seine rechtliche Absicherung bis zur umsichtigen Verfügung eines nahtlosen Übergangs in der Leitung der österreichischen Militärdiözese undenkbar und wird ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Kirchengeschichte bleiben.
Nach dem feierlichen Requiem hier im Dom werden wir Bischof KOSTELECKY, wie es auch seine letzte Bitte im geistlichen Testament war, mit militärischen Ehren zu seiner letzten Ruhestätte in seiner Bischofskirche, der St. Georgs-Kathedrale in der Ther. Militärakademie begleiten.
Dorthin, wo er seine militärische Heimat gefunden hat: Seine Militärakademie, seine St. Georgs-Kathedrale, die er mit viel Liebe und großer finanzieller Unterstützung zu herrlichem Glanz verholfen hat.
Wie gern war er da: Zum Stiftungsfest, zur Ausmusterung, zum Weltfriedenstag und zu vielen anderen Feierlichkeiten, auch zu seinem Weihetag.
Er freute sich außerordentlich, daß sein Weihetag am 14. Dezember zum Militärbischof von ÖSTERREICH der gleiche war, an welchem Kaiserin Maria Theresia 1751 ihre Absicht verkündete, in ihrer Burg zu WR. NEUSTADT eine Stätte zur Heranbildung des Offizierskorps zu errichten.

Aber dieser 14. Dezember, sein Weihetag, der Stiftungstag der Militärakademie hat noch eine andere Besonderheit:
Hier in WR. NEUSTADT, im Neukloster, wurde am 14. Dezember 1793 das vollendete Requiem von Mozart uraufgeführt.
Ruhe im ewigen Frieden, lieber Bischof Alfred, der Du so für den Frieden in Gerechtigkeit eingetreten bist.

Aber Bischof KOSTELECKYS Ruhe ist nicht ein ewiger Schlaf - auch nicht für uns Christen - sondern ein ständiges in der Liebe Gottes sein.

Unser Verstorbener hat sich bemüht, das Evangelium zu leben: "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan."
Groß ist seine Hoffnung auf die Zusage des Herrn: "Dann wird der König zu denen an seiner rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das am Anfang der Welt für euch geschaffen worden ist!"

Diese endgültige Zukunft hat sich Bischof Alfred so sehr ersehnt. Heißt doch der letzte Satz in seinem geistlichen Vermächtnis: "Nach dem Lied vom Guten Kameraden möge der Hornist nicht den Zapfenstreich, sondern zum Angriff blasen; denn in den Tod und die Auferstehung Christi hineingenommen, beginnt für mich das neue Leben."

Danke Bischof Alfred für Dein Zeugnis noch nach Deinem Tod, es tröstet uns und läßt uns hoffen wie der Apostel Paulus: "Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? All das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat."

Das schönste Abschiedsgeschenk ist sicher von uns allen das Gebet für sein ewiges Leben und seine frohe Auferstehung, wonach wir ihn selbst als Fürsprecher für eine fruchtbare Tätigkeit in der Militärseelsorge erhalten werden.

Jetzt feiern wir für Bischof Alfred die Heilige Eucharistie und bekennen unseren Glauben - Deinen Tod oh Herr verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.