Schlußansprache bei seiner Bischofsweihe

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

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Quelle: Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 1992, 2. Folge, 01. April 1992, S. 4-6

1992-02-02 - Georgskathedrale, Wr. Neustadt
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Bischofkoadjutor
Schlußansprache bei seiner Bischofsweihe

"Gehet hin und bringet Frieden und Freude!" Gerne verabschiede ich meine Gemeinde nach dem Sonntagsgottesdienst mit diesen Worten. Schon die Anrede vor der Predigt lautet oft: "Liebe Freunde", nach dem Jesuswort, welches im Vollsinn der Wahlspruch meines geschätzten Mitbruders Bischof SCHÖNBORN ist: "Euch aber habe ich Freunde genannt."
Frieden, Freunde, Freude gehören für uns Christen eng zusammen, vor allem deswegen, weil echter Friede, treue Freundschaft und Kameradschaft, sowie tief empfundene Freude dem entspringt, der als einziger von sich sagen kann: "Ich bin der Friede!"
CHRISTUS IST UNSER FRIEDE: Mein Wahlspruch will das verdeutlichen. Sicher ist es nicht leicht, als Quelle, als Dynamik und Motivation für eigenes Handeln, den Gottmenschen Jesus Christus grundzulegen, welcher trotz Wirkens seines Geistes letztlich ein Geheimnis bleibt. Wie gerne versuchen immer wieder intelligente Menschen, Natur- und Geisteswissenschaftler, ja sogar Theologen diesen Christus "in den Griff" zu bekommen: vom "Mythos Jesus" bis zum "Heilpraktiker".
WARUM?
Weil wir uns als "aufgeklärte" Menschen so schwer tun mit dem "Heiligen", dem Mysterium, obwohl die Sehnsucht danach sehr groß ist. Aber diese Sehnsucht des Menschen nach dem "Heiligen" wird nicht in erster Linie durch argumentatives Sichauseinandersetzen erfüllt, sondern durch eine Grundhaltung, welche ihren Inhalt findet in den göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe, und ihre Konkretisierung erfährt im Leben nach den sogenannten Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maßhalten.
Sich selbst nicht zum Maß aller Dinge zu machen, sondern offen sein für eine größere Wirklichkeit, der wir alles Gute verdanken, welche uns trägt und die alles vollenden wird: Das ist der richtige, der wahre Weg. Als Christen brauchen wir uns nicht zu klammern an "Neue Zeitalter", Neugnostische Weltanschauungen oder Selbsterlösungspraktiken. Wir glauben an Gott, der in Christus Mensch geworden, uns am Kreuz erlöst hat, an seinen Geist, der unter uns und in uns wirkt und an die Vollendung der Schöpfung durch Gott.
Dieser Glaube macht uns sehr deutlich, daß wir Menschen zwar schon erlöst, aber nicht vollendet sind; daß Frieden nicht ideologisiert, als das menschlich erreichbare, höchste Gut dargestellt werden kann, sondern letztlich ein Geschenk Gottes ist; und daß dieses paradiesische Geschenk durch das überhebliche "Sein - wollen - wie - Gott" nicht angenommen wurde, aber letztlich Gottes Ordnung der Liebe, allen Unfrieden des Bösen überwinden wird: "Ich mache Euch einen neuen Himmel und eine neue Erde. Seht ich mache alles neu", so spricht der Herr. Wir alle dürfen Mitarbeiter an der Friedensherstellung Gottes sein. Wir Soldaten bemühen uns, beauftragt durch unser Volk, unseren Beitrag zur Friedenssicherung, Friedenserhaltung und Friedensförderung im In- und Ausland zu leisten und wir sind stolz, im Rahmen unseres UNO-Einsatzes mit anderen Nationen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden zu sein.
Die Kirche steht hinter dem Soldatenberuf, welcher den Grundsätzen einer "sittlich erlaubten Verteidigung" entspricht. Abgesehen von vielen nachkonziliären Äußerungen der Kirche und Appellen des Papstes zum Weltfriedenstag, gilt die grundsätzliche Feststellung in der Pastoralkonstitution des 2. Vatikanischen Konzils: "Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei."
Sicher sieht die Kirche auch im Dienst ohne Waffe ein wichtiges Zeichen für die Friedenssehnsucht der Menschen, in einer Zeit, wo wir nicht nur am Bildschirm die Grausamkeit der modernen Kriegsführung erleben. So heißt es im Art. 79 der Pastoralkonstitution: "Ferner scheint es uns angebracht, daß Gesetze für die in humaner Weise Vorsorge treffen, die aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigern, vorausgesetzt, daß sie zu einer anderen Form des Dienstes an der menschlichen Gemeinschaft bereit sind." Auch der Sozialhirtenbrief der katholischen Bischöfe ÖSTERREICHS, herausgegeben am 15. Mai 1990, drückt seine Anerkennung von Friedensiniativen aus und begrüßt, wortwörtlich "daß die Angehörigen des Bundesheeres ihren Einsatz zum Schutz der österreichischen Neutralität und im Dienst der vereinten Nationen als Beitrag zur Erhaltung des Friedens verstehen." Ja, solange es Menschen auf Erden gibt, bis zu jenem Tag, an welchem Gott seine Schöpfung, seine Geschöpfe heimholt in sein Reich des Friedens, solange müssen wir die Spannung des Kreuzes, dieses Ausgespannt sein zwischen Himmel und Erde, zwischen absolutem Frieden und der Realität des Bösen austragen und bemüht sein, das Böse zu minimalisieren und das Gute im Sinne der Bergpredigt schöpferisch zu verwirklichen. Es soll uns, an der Friedensarbeit Interessierte, nicht um die engsichtige Frage gehen: Wer dient dem biblisch verstanden Frieden mehr: der Soldat oder der radikale Pazifist? Sondern es muß uns allen um ein ehrlich gemeintes, gemeinsames Verantwortungtragen für den Frieden, für die Umwelt, für die Mitmenschen im In- und Ausland gehen. Nützen wir das heurige Jahr der Bibel, uns aus diesem Buch der Bücher die Fundamente, die Hoffnung und Kraft für diese gemeinsame Friedensarbeit zu holen. Eine Hoffnung die heißt: CHRISTUS IST UNSER FRIEDE, das heißt: Er ist letztlich Garant für den Frieden.
Diese Hoffnung erfüllt mein Herz, und aus dieser Hoffnung möchte ich abschließend Dank sagen: Dank, Gott gegenüber, der uns durch Christus ewigen Frieden und Freude zugesagt hat. Danksagen auch unserem Papst Johannes Paul II., Kardinal GROER und meinem Militärbischof Dr. Alfred KOSTELECKY für ihr großes Vertrauen. Besonders beeindruckend war für mich das selbstlose Eintreten von Bischof KOSTELECKY für einen Bischofskoadjutor, nicht nur aus gesundheitlichen- oder Altersgründen, sondern aus einer weisen Vorausschau für das Wohl seiner Militärdiözese, einen möglichst konfliktfreien, nahtlosen Übergang nach seiner Amtszeit zu sichern. Aufrichtigen Dank allen meinen Mitbrüdern im Bischofsamt für die überaus herzliche Aufnahme. Ich werde mich bemühen, den Erwartungen gerecht zu werden. Innigst danken möchte ich besonders meinen lieben Eltern, Geschwistern, geistlichen Tanten, allen Verwandten und Freunden, die mich im bisherigen Leben begleitet und durch ihr Gebet gestärkt haben. Den Gläubigen danke ich für ihr Gebet und die aus freudigem Herzen kommenden Glück- und Segenswünsche.
Besonders herzlich danke ich dem Neuklosterchor unter der Leitung von Prof. SENGSTSCHMID, den Mozartsängerknaben unter der Leitung von Prof. SCHWARZBAUER und Herrn Prof. EBNER Helmut an der Orgel für die wundervolle Gestaltung des Festgottesdienstes. Allen, die seit Wochen geholfen haben, diese Feier vorzubereiten, die wundervolle Kathedrale in diesem Glanz erstrahlen zu lassen, sei herzlich gedankt.
Und ihnen, die sie gekommen sind um mit mir und für mich, aber vor allem für den Frieden in der Welt zu beten. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben": Dieses Herrenwort möchte ich sichtbar machen: Erstens auf meinem Wappen: der Weinstock, umringt von saftigen Trauben: in aller Demut dem Herrenwort gegenüber, ein Ursprungssymbol meines Familiennamens (WERNER leitet sich ab von Wein-herr, Wernherr...). Zweitens, und vorrangig möchte ich aber damit zum Ausdruck bringen mein tiefes Vertrauen auf die lebens- und friedensschaffende Kraft des Herrn, bezeugt durch sein Tun und sein Wort: "Ich will, daß ihr das Leben habt in Fülle" (Jo 10,10) verbunden mit der Bitte: "Vater ich möchte, daß sie alle eins sind, wie du Vater in mir bist und ich in dir bin." Dies ist symbolisiert durch die vollen Trauben, welche aus ihrem gemeinsamen Stock ihre Güte und Gemeinsamkeit erhalten. Mit diesem hoffnungsgebenden Bild, und vertrauend auf die Fürsprache der Gottesmutter Maria und aller Heiligen, darf ich versprechen: "Ich bin bereit" für Euch dazusein und mit Euch zu gehen ein Stück eures Lebens.
Das verspreche ich vor allem meinen Mitbrüdern in der Militärseelsorge, den Angehörigen des österreichischen Bundesheeres und ganz ausdrücklich meinen Soldaten.
Gott schütze Euch, Gott segne unser Vaterland ÖSTERREICH!