Predigt bei der Feier der Diakonenweihe

Digitale Bibliothek: Friedensethische Positionen der Kirchen

Volltext

Hier finden Sie nährere Details und eine kurze Einführung in das Dokument!

Quelle: Diözesanblatt des Österreichischen Militärordinariates, Jahrgang 1999, Nummer 2, Wien, 1. Dezember 1999, S. 2-4

1999-09-05 - Dom zu Klagenfurt
Österreichisches Militärordinariat
- Werner, Christian, Militärbischof
Predigt bei der Feier der Diakonenweihe

Zwei Männer empfangen heute die Weihe zum Diakon als Vorstufe zur Priesterweihe für die österreichische Militärdiözese. Naheliegend für mich, sich an einen heiliggesprochenen Diakon namens Laurentius zu erinnern. Ja, es gab sogar einen seliggesprochenen Soldaten Laurentius.

Zu meiner Bischofsweihe wurde ich auch zum Titularbischof von Eca (in Apulien) ernannt und bald auch dorthin zum Patronatsfest eingeladen.

Nach dem Festgottesdienst wurden die 7 großen Figuren der Kirchenpatrone zur Prozession mitgeführt. Unter anderen auch der selige Soldat Laurentius Loricatus. Als Soldat hatte er unabsichtlich einen Menschen erschlagen und trat nach einer Bußwallfahrt nach Santiago de Compostela in den Benediktinerorden ein und lebte Anfang des 13. Jht. in einer Höhle bei Subiaco unter härtesten Bußübungen (z.B. trug er ständig ein Panzerhemd aus Ketten, daher sein Beiname Loricatus: lorica = Panzerhemd).

Zurück zur Prozession: besonders dieser Selige Laurentius bewegte die Gläubigen - und immer wieder berührten sie die große Bronzefigur: ein Seliger zum Anfassen! Ein seliger Soldat voll Bußfertigkeit, Demut und innerer Stärke.

Sein Vorbild: der andere Laurentius, der Diakon, ist wohl der Bekanntere; der hl. Laurentius, der Diakon und Märtyrer aus Rom (230-258): Er handelte und lebte voll nach dem Matthäus-Wort: „Der Menschensohn kam, um zu dienen“ (Mt 20,28). Laurentius war ein begeisterter Dienender: treu ergeben, kindlich zugetaner Gehilfe seines Papstes Sixtus II.: wie ein Vater-Sohn-Verhältnis.
Seinen Dienst sah er im Auftrag der Apostel (Apg 6,1-3), nämlich sich für die Armenfürsorge einzusetzen und an der Seite des Bischofs und seinem Presbyterium, den Dienst des Wortes, den Dienst am Altar und den Dienst der Liebe als Diener aller wahrzunehmen.

Sein Schatz war für ihn, die Kirche, die Armen, Verfolgten, Kranken und Schwachen. Er tröstete und half, wo er konnte: aus der Kraft des Gebetes. Für diesen Dienst ging er, wie sein geliebter Papst, in den Tod, in Nachahmung Christi: „Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt“ (1 Petr 2,21). „Lieber der Martertod“, so Laurentius, „als treulos zu Gott und Kirche“.

Warum stelle ich euch diese beiden Laurentius vor? Weil sie gerade als Diakon, Priester und Soldaten die „Nachahmung Christi“ in vorbildlicher Weise gelebt haben. Sie lebten und wirkten aus einer großen Nähe zu Gott und den Menschen.

Erinnert euch an den Beginn, als ich sagte: der Selige Laurentius war ein Mensch zum „Anfassen“. Auch heute wünschen sich viele Gläubige, Seelsorger zum Anfassen. Vielleicht spricht daraus die Sehnsucht des Menschen nach einem Gott zum Anfassen. Seit der Menschwerdung Gottes ist Gott nicht nur ein Gott zum Anfassen, sondern auch ein Gott zum Ansprechen und Anstecken geworden - vor allem in den kirchlichen Dienstämtern.

Durch die Hand des Bischofs streckt sich Christus in der heiligen Weihe nach Menschen aus, fasst sie an, d.h. erfüllt sie mit seinem Geist, und macht sich durch die Geweihten fassbar für die Menschen: „Wer euch hört, hört mich“ oder „Wer euch ablehnt, lehnt mich ab“ (Lk 10,16).

Liebe Weihekandidaten! Bemüht euch daher nach dem Beispiel der genannten Heiligen Gott anfaßbar, ansprechbar und ansteckbar zu machen.

1. Anfaßbar: d.h. Christus selbst wird die Mitte, das Zentrum in eurem Leben. Vergesst nie: obwohl ihr euch für diesen Beruf der Nachfolge Christi entschieden habt, ist dies bloß eine Antwort auf SEINEN Ruf. Ihr hättet beide einen ganz anderen Lebensplan entwerfen können. Aber ER hat gerufen. „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“ (Jo 15,16).
Euer Ich rückt an den Rand. Dieser Platzwechsel geschieht objektiv in der Diakonenweihe, subjektiv muss er lebenslang vollzogen werden. Mit Gott innige Beziehung pflegen, um andere zu solch' einer beglückenden Gottesbeziehung zu verhelfen, das ist die Sendung eines Diakons.
Der Priester als Vorsteher der Gemeinde steht in Stellvertretung Christi in der Mitte und hat die Einheit der Gemeinde zu wahren. Im Diakonat aber bleibt das Amt beweglich, so dass es zu den Brüdern, Schwestern und Kameraden an die Peripherie geht. Der Diakon hat sich nicht selbst den Menschen zu bringen, sondern Christus. Der Tagesbefehl für den Diakon heißt: Mit Gott in Kontakt bleiben, um andere mit Gott in Kontakt zu bringen. Christliche Zellen zu bilden ist dem Diakon in besonderer Weise aufgegeben; und wenn es nur ganz wenige sind.

2. Im Diakon bleibt Gott ansprechbar: Immer mehr Menschen sind innerlich einsam, weil sie niemanden finden, der zuhört. Zuhören kann nur der, der leer von sich selbst ist, in dem gleichsam das große Schweigen, das kreative Schweigen wohnt. Viele Menschen finden erst dann wieder Lebensmut, wenn sie ihre Probleme aussprechen können.

Auch Gott schweigt, aber dieses Schweigen ist die Einladung des Menschen zum Zwiegespräch, d.h. zum Gebet zu Gott. Dem Diakon ist in erster Linie nicht das Lehren aufgegeben, sondern das Hören. In seinem Dasein muss das hörende Ohr Gottes auf das Rufen des Menschen erfassbar werden. Wie wichtig ist das gerade für unsere Soldaten aller Dienstgrade.

Ein SFOR-Soldat sagte mir einmal: „Danke, Herr Bischof, für unseren Militärseelsorger; er hat immer eine offene Tür, ein offenes Ohr und ist immer für uns da“. Ganz im Sinne der heutigen Lesung aus dem Römer-Brief: „Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt“.

3. Im Diakon bleibt Gott für den Menschen ansteckbar: Wer mit Gott in Berührung kommt, den packt die Leidenschaft für IHN.
Beispiel Augustinus: „Spät hab' ich dich geliebt, o Gott. Du warst bei mir, aber ich nicht bei dir. Du hast gerufen, geschrien und den Bann meiner Taubheit gebrochen. Du hast mich berührt und ich bin entbrannt im Verlangen nach deinem Frieden.“ Soweit Augustinus.

In der heiligen Weihe berührt euch der Herr, um selber Berührungspunkt mit Jesus Christus für andere zu werden. Wer von Gottes Feuer berührt ist, wird selbst von ihm ergriffen - da gibt es nur noch ein tiefes Vertrauen, mag kommen was will.

Ich möchte euch aus vielen, persönlichen Erfahrungen ans Herz legen: Gerade in der heutigen Zeit ist eure Entscheidung „Ich bin bereit“, sich ganz, ungeteilt, in den Dienst Christi und der Menschen zu stellen, eine schwere Entscheidung und diese Entscheidung wird oft nicht leicht gemacht, verlangt von vielen Menschen auch ein Opfer, stößt oft auf Unverständnis, obwohl die Menschen mehr denn je eine große Sehnsucht nach Heil und Heilung verspüren.

Ich danke euch beiden, dass ihr anstelle eines Karriereweges euch für den Dienstweg Christi entschieden habt. Jesus Christus ist bei euch und wir Mitbrüder und unzählige betende Menschen! Viele Suchende werden durch euch Gottes Liebe erfahren dürfen und dafür danken. Und wenn es Not gibt, vertraut dennoch, umso mehr. Gerade dann trägt euch der Herr!

Ein deutlicher Ausdruck dafür sind die drei Jünglinge im brennenden Feuerofen. Nach ihrer Errettung beten sie: „Herr, wir danken dir, dass du uns errettet hast. Wenn du uns aber nicht errettet hättest, würde dich dennoch unser Staub loben und preisen“ (vgl. Dan 3,24-97).

Liebe Weihekandidaten! Es geht um dieses „Dennoch“, auch wenn eure Lebens- und Zukunftspläne erschüttert werden. (Wohin du nicht willst!) Dennoch wird eure Seele Gott danken, dennoch werdet ihr Gott in Demut anbeten.
Entwickelt in eurem Leben eine Litanei dieses gesegneten „Dennoch", und erinnert euch an die Worte des Herrn zu Petrus, nachdem er ihn dreimal gefragt hat: „Liebst du mich?“ „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebhabe.“ Dann sagt Jesus: „Weide meine Schafe. Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Jetzt aber wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Folge mir nach!“ (Jo 21).

Folgt dem Herrn, er ist immer bei euch, liebe Freunde! Es wird viel Gegenwind und Widerspruch geben, auch innerhalb der Kirche. Christus wird immer ein Zeichen des Widerspruchs sein und der Diener der Kirche darf diesen Widerspruch nicht billig aufheben. Denn, ein Geweihter ist kein Held. Held wird man, indem man nur auf sich selber zählt. Diener der Kirche hingegen wird man, indem ich den Herrn durch mich wirken lasse, trotz all meiner Schwäche. Sag's IHM, dem Herrn: „Ich bin zwar schwach, aber dennoch wird mein Leben dir dienen!“ Dazu ermächtigt euch die Diakonatsweihe.

Wir brauchen immer mehr Menschen mit festem, unerschütterlichem Glauben, die vom „Dennoch“ geprägt sind: trotz Lebensprobleme, trotz systematischer Diffamierung unserer Kirche durch die Öffentlichkeit. Ihr werdet sehen: Ihr werdet wie Leuchtzeichen des Heils für die Menschen in der Finsternis.

Dazu feiern wir heute alle diese Diakonenweihe, in der der Herr sich selbst unkündbar in euer Leben hineingibt. Seid nach dem Beispiel des hl. Laurentius anfaßbar, ansprechbar und ansteckbar als Diener Jesu Christi, des Herrn und Erlösers. Gott stärke euch, Maria begleite euch. Amen.