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„Die versöhnte Verschiedenheit“

... die es seit der Urkirche schon immer gegeben hat.“
 
Militärdekan Alexander Wessely im Gespräch mit dem evangelischen Militärpfarrer Wilfried Schey
 
In diesen Tagen ist viel los in der Kaserne in Güssing, denn obwohl sich zwei Kompanien im Assistenzeinsatz befinden und eine im Auslandseinsatz Kräfte stellt, wird gerade eines der unzähligen „Zwischenkontingente“ für andere Truppenkörper Österreichs ausgebildet.
An diesem Tag steht auch der sogenannte "Lebenskundliche Unterricht" für die neu eingerückten Rekruten des ET 3/20 (Einrückungstermin März 2020) an, zu dem der katholische und der evangelische Militärpfarrer des Burgenlandes angereist sind.
In einer kurzen Pause zwischen den Unterrichtseinheiten geht sich ein „schneller“ Kaffee aus. Neben kurzen Absprachen in Bezug auf nächste gemeinsame Veranstaltungen und Aktivitäten beider Militärpfarren ist natürlich der Corona-Virus das beherrschende Thema. Besonders der evangelische Militärpfarrer, Militäroberpfarrer Wilfried Schey, hat sich umfassend in die Thematik eingelesen.
Generell liest der gebürtige Weppersdorfer viel und interessiert sich weit über den theologischen Tellerrand hinaus über unzählige Themen ein. Dass er Pfarrer werden würde, hat ihm sein damaliger Pfarrer im Ort schon als er acht Jahre alt war „prophezeit“ und so studierte Schey tatsächlich nach seiner Matura im Jahr 1979 in Oberpullendorf Theologie. Das Studium, welches er in Wien und Kiel absolvierte, schloss er schließlich 1984 ab. „Ich habe damals im exegetisch historischen Bereich über das Thema der Diakonie gearbeitet,“ erinnert sich Schey über seine Studienzeit, „eine weitere kleine Arbeit habe ich im systematisch-praktischen Kirchenrecht geschrieben. Hier war das Thema „Versöhnung“, denn die Friedensbewegung war ja damals ein großes Thema“, erzählt er. Nachdem er einen Schluck Kaffee genommen hat, fügt er lachend hinzu: „Bei meiner Pfarramtsprüfung habe ich zunächst zu wenig geschrieben und bei den Prüfungen habe ich nicht wirklich geglänzt, aber offenbar habe ich es geschafft.“
Der weitere Werdegang von Wilfried Schey, der eigentlich Dorfpfarrer im Burgenland werden wollte, war dann doch etwas anders und komplizierter, als er es sich zunächst vorgestellt hatte. „Ich wollte eigentlich hier wirken, einfach mit den Leuten zusammenleben, aber es ist anders gekommen,“ schildert Schey seinen Start in sein Pfarrerleben. „Ich bin zunächst in die Obersteiermark versetzt worden und schließlich nach Oberkärnten.“
Zunächst wollte er seine wenigen Umzugskartons nicht einmal richtig auspacken. „Es waren eher Bananenschachteln mit Büchern, Gewand und einigen Habseligkeiten, denn ich wollte ja nicht lange bleiben“, erinnert er sich. Schließlich wurden es 27 Jahre im südlichsten Bundesland Österreichs. In dieser Zeit lernte er schließlich auch seine Frau kennen und gründete eine Familie. Erst nachdem die drei Kinder wieder außer Haus waren, zog Wilfried Schey mit seiner Frau zurück ins Burgenland und wurde in Neuhaus am Klausenbach, bekannt durch die fast baugleichen Kirchen – die katholische und die evangelische Kirche auf gegenüberliegenden Hängen - Gemeindepfarrer. „Von der katholischen Gemeinde getrennt durch den `Ökumenischen Graben`,“ fügt Schey lachend hinzu, wenngleich das zu seiner Zeit als Pfarrer nicht mehr wirklich der Fall war, sondern ein gutes ökumenisches Klima vorherrschte. Nach dieser Pfarrerstelle wurde er schließlich evangelischer Militärpfarrer im Burgenland, wenngleich er schon zu seiner Zeit in Kärnten mit der Militärseelsorge in Kontakt kam.
„Ich wurde damals gefragt, ob ich nicht Milizpfarrer werden könnte, um die evangelischen Soldaten in Kärnten und Osttirol zu betreuen, da damals kein hauptamtlicher Militärseelsorger der evangelischen Kirche in Kärnten zur Verfügung stand,“ erklärt Schey, der schließlich 1989 den Kurs für Militärseelsorger belegte. Auch später im Burgenland hätte er sich beordern lassen und im Jahr 2016 wurde er schließlich hauptamtlicher Militärpfarrer in seinem Heimatbundesland.
Was nun die Besonderheiten der evangelischen Militärseelsorge wären? „Auch wenn die Gruppengrößen der zu betreuenden Soldaten - wie ich es neben dem Burgenland in Niederösterreich und Wien erlebt habe  - auch größer sein könnten und mitunter 30 bis 40 Soldaten anwesend sind, so sind es dennoch in der Regel eher kleiner Gruppen im „Lebenskundlichen Unterricht“, die auch eine Diskussion und ein aktiven Mittun und Nachfragen der Soldaten ermöglichen“, schildert Schey aus seinem Alltag. „Generell freuen sich die Leute, wenn die Pfarrer kommen, sei es im Inland in den Kasernen, oder auch in den Auslandseinsätzen, wo wir ein Stück von `Heimat` darstellen.“
Das ökumenische Zusammenwirken sei ihm dabei besonders wichtig, fügt er hinzu. Besonders deutlich würde dies bei Festakten und Angelobungen zum Ausdruck kommen, wo Militärseelsorger der unterschiedlichsten Religionen und Kirchen gleichberechtigt zu Wort kommen würden. „Gerade bei den Angelobungen ist es ein schönes Zeichen, wenn wir gemeinsam wirken, ohne die eigenen Identität aufzugeben. Sozusagen in einer Art `versöhnter Verschiedenheit`, die es ja seit der Urkirche schon immer gegeben hat.“
 Was sich Militäroberpfarrer Schey für die Zukunft wünschen würde? „Wenn sich auch Zahlen und vielleicht Strukturen ändern, so ist es wichtig, dass es immer eine Art der Militärseelsorge für Soldatinnen und Soldaten gibt, denn es kann, wie unser Militärsuperintendent einmal gesagt hat, nie ein `Zuviel` an Seelsorge geben.“ Und nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Und ich hoffe, dass das Interesse der Grundwehrdiener an den aktuellen Fragen unserer Zeit, der Gesellschaft und der Kirche bestehen bleibt. Sei es bei den Besuchen in den Kasernen oder im Assistenzeinsatz, oder bei den Lebenskundlichen Unterrichten.“
Anmerkung: Dieses Interview wurde vor der starkten Corona-Epidemie in Österreich gemacht. Gegenwärtig bleibt dafür keine Zeit.