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Christlich-muslimisch-strategische Podiumsdisskussion

Ein Bericht von Stefan Gugerel, Militärkurat
   
MilPfarre Oberösterreich: Am 8. Aopril 2008 lud die Offiziersgesellschaft Oberösterreich zu einer einzigartigen Veranstaltung in die Räume der Partnerorganisation Raiffeisen Landesbank in Linz: Der muslimische Religionslehrer und Vertreter der Islamischen Religionsgemeinde für Oberösterreich und Salzburg Moussa Al-Hassan, der katholische Militärkurat Stefan Gugerel und OberstdG Dieter Muhr von der Abteilung Militärstrategie waren eingeladen, zu bestimmten Themen die Standpunkte ihrer Organisation zu präsentieren. Der Präsident der OG OÖ, Oberst Josef Hartl, eröffnete den spannenden Abend, zu dem etwa 150 Offiziere aus Bundesheer und Exekutive sowie Vertreter der Wirtschaft – allen voran Generaldirektor Ludwig Scharinger – gekommen waren, mit einem Verweis auf die Religionsgespräche unter Kaiser Friedrich II. (1194-1250) in Palermo, die auf eine Verbesserung der staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse durch eine Bündelung der besten Kräfte aus dem christlichen und dem muslimischen Kulturkreis zielten. Die strategischen Beurteilungen durch Oberst Muhr bildeten einen guten und objektiven Blick auf die von beiden Religionsvertretern beherzt vorgetragenen Thesen unter anderem zum Verhältnis von Religionsgemeinschaft und Staat, zur Stellung der Frau und zu Fundamentalismus.
 
Für viele Zuhörer wurde deutlich, dass Islam und Katholizismus viele Parallelen in der Beurteilung des Säkularismus, der Familie, der Legitimität der Verteidigung mit der Waffe oder etwa des Vorrangs des Gewissens vor dem Gesetz des Staates haben. Aber auch Unterschiede wurden deutlich: So tritt christlicher Fundamentalismus in der Regel heute aggressiver gegen andere Christen als gegen andere Religionen auf, während umgekehrt für Muslime die Formen ehelosen Lebens von Frauen und Männern in der Kirche im Widerspruch zum göttlichen Schöpfungsauftrag („Geht hin und vermehrt euch!“) stehen. Während die islamische Glaubensgemeinschaft aufgrund der absoluten unfehlbaren Geltung des Koran eine sehr demokratisch Struktur haben und auch ihre Vertretung gegenüber dem österreichischen Staat wählen lassen, setzt die katholische Kirche auf hierarchische Strukturen mit qualifizierten Beratungsgremien, die der militärischen Denkweise entsprechen. Die Begriffe „Dschihad“ aus dem Islam – Anstrengung – und „Kreuzzug/Heiliger Krieg“ aus dem Christentum bildeten in den historischen und durchaus selbstkritischen Darstellungen von Al-Hassan und Gugerel den Schlusspunkt. Oberst Muhr konnte deutlich aufzeigen, dass religiöse Motive und Rechtfertigungen vielfach vorgeschoben werden, um peinliche Wirtschafts- oder Machtinteressen zu verschleiern. Einig waren sich alle drei, dass Religionen Möglichkeiten haben und vermehrt ausschöpfen sollten, der Gewalt Widerstand entgegenzusetzen und gemeinsam eine lebenswerte Zukunft für alle – religiöse wie nichtreligiöse Menschen – zu gestalten.
 
Es bleibt zu hoffen, dass Folgeveranstaltungen zu vertiefenden Themen wie Offenbarungsverständnis, Bedeutung des Glaubens für die Gestaltung des Alltags oder gottesdienstliches Leben der Gläubigen stattfinden werden.