Am 24. Juni feiert die Kirche eines der wenigen Hochfeste, das nicht an den Tod, sondern an die Geburt eines Heiligen erinnert: Johannes den Täufer. Er gilt als der letzte große Prophet des Alten Bundes – und zugleich als Vorläufer Jesu. Sein Gedenktag fällt genau sechs Monate vor Weihnachten und steht damit in engem Bezug zur Sommersonnenwende. Mit dem abnehmenden Tageslicht nach dem 21. Juni wird eine tiefere Symbolik verbunden: „Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden“ (Joh 3,30), sagt Johannes über Jesus – eine Linie, die auch im Ablauf des Kirchenjahres sichtbar wird.
Prophet, Rufer, Zweifler
Johannes tritt in der Wüste auf – rau, kompromisslos, in einem Gewand aus Kamelhaar, das sein Leben als Bußprediger unterstreicht. Seine Botschaft: Umkehr, Reinigung und Vorbereitung auf das Kommen des Messias. Als solcher tauft er Jesus im Jordan, obwohl er sich selbst dafür eigentlich nicht würdig fühlt.
Und doch bleibt sein Verhältnis zu Jesus vielschichtig. Einige Evangelien zeigen ihn als klaren Bekenner Jesu, andere berichten von Zweifeln, die ihn im Gefängnis quälen: Ist Jesus wirklich der, auf den Israel wartet? Diese Spannung lässt Johannes besonders menschlich wirken – ein Prophet, der glaubte, kämpfte, zweifelte und doch seinen Weg ging. Für seinen Mut zur Wahrheit – vor allem gegenüber König Herodes – bezahlt er mit dem Leben: Er wird enthauptet, sein Haupt später auf einem Teller überreicht – ein Bild, das oft in der christlichen Kunst wiederkehrt.
Attribute eines Heiligen
In der Ikonographie ist Johannes leicht zu erkennen: Mit Fellgewand, Spruchband ("Ecce Agnus Dei" – Siehe, das Lamm Gottes), Lamm, Kreuzstab und oft einer Taufschale. Manchmal wird sein abgetrennter Kopf auf einer Schale dargestellt oder ein Apfel, aus dem ein Palmzweig wächst – ein Zeichen für das Martyrium und die Auferstehungshoffnung.
Patron vieler – Beschützer gegen vieles
Kaum ein Heiliger ist so vielfältig verehrt worden wie Johannes der Täufer. Er ist Patron ganzer Länder und Regionen, darunter Jordanien, Malta, Burgund, die Provence sowie bedeutende Städte wie Florenz, Genua, Neapel, Amiens und Québec.
Zudem gilt er als Schutzheiliger zahlreicher Berufe: Schneider, Weber, Gerber, Kürschner, Färber, Sattler, Fassbinder, Winzer, Architekten, Steinmetze, Restauratoren, und sogar der Sänger, Tänzer, Musiker und Kinobetreiber. Auch Haustiere, Lämmer, Weinstöcke und Bauern stellt man unter seinen Schutz. In der Volksfrömmigkeit wird er angerufen gegen Alkoholismus, Kopfschmerzen, Epilepsie, Angstzustände, Kinderkrankheiten, Tanzwut und sogar Hagel. Im Bistum Gurk-Klagenfurt ist er Landespatron.
Feuer, Kräuter, Räder – gelebte Volksfrömmigkeit
Der Johannistag ist nicht nur ein kirchliches Hochfest, sondern tief mit alten Bräuchen verwoben. In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni lodern vielerorts Johannisfeuer – einst heidnisches Sonnenwendritual, später christlich gedeutet als Symbol für Christus, das Licht der Welt. Man tanzt ums Feuer, springt darüber, um sich vor Krankheit zu schützen, und wirft Kräuter hinein, deren Rauch besondere Heilkraft haben soll. Die übrig gebliebene Asche wird über Felder gestreut oder im Haus aufbewahrt – als Segen und Schutz.
Mancherorts rollen brennende Räder vom Berg ins Tal – Sinnbild der Sonne, aber auch Zeichen der Fruchtbarkeit. Wer diesen Ritus meidet, so ein alter Aberglaube, wird niemals heiraten.
Johannes - mehr als ein „Vorläufer“
Johannes der Täufer ist weit mehr als nur derjenige, der Jesus den Weg bereitet hat. Er ist Mahner und Märtyrer, Heiliger und Kultfigur, eine der kraftvollsten Gestalten des Neuen Testaments – und das Gesicht eines der ältesten und lebendigsten Heiligenfeste, das bis heute Glauben, Naturbezug und Volkskultur miteinander verbindet.
Quellen: Johannes der Täufer - Ökumenisches Heiligenlexikon, Johannes der Täufer - Informationen über die Heiligen des Tages - Vatican News, Brauchtumsforscher: Johannistag ist christlich und heidnisch - katholisch.de, Johannes der Täufer: Bedeutung & Hintergründe | Vivat! Magazin