Am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem 26. Dezember, lenkt die Kirche den Blick auf einen außergewöhnlichen Heiligen: Stephanus, den ersten Märtyrer des Christentums. Seine Hingabe an den Glauben, seine Furchtlosigkeit und seine Bereitschaft zur Vergebung machen ihn bis heute zu einem eindrucksvollen Vorbild. Doch wer war dieser Mann, dessen Name „der Bekränzte“ bedeutet?
Ein Diakon mit Herz und Verstand
Die Quellen setzen erst spät in Stephanus’ Leben ein. Um das Jahr 30 trat er als Diakon in der jungen christlichen Gemeinde hervor. Seine Berufung war eng mit einem sozialen Konflikt verbunden: In der Urgemeinde Jerusalems fühlten sich die griechischsprachigen Hellenisten gegenüber den aramäischsprachigen Hebräern benachteiligt. Insbesondere bei der Versorgung der Witwen sahen sie eine Ungleichbehandlung.
Die Apostel lösten diesen Streit, indem sie sieben Männer von „gutem Ruf und voll Geist und Weisheit“ (Apg 6,3) auswählten. Diese sollten die sozialen Aufgaben der Gemeinde übernehmen. Stephanus, „ein Mann voll Glauben und Heiligem Geist“ (Apg 6,5), gehörte zu diesen ersten Diakonen.
Flammender Prediger und mutiger Streiter
Doch Stephanus war nicht nur ein Diener der Armen – er war auch ein leidenschaftlicher Prediger. Seine Worte fanden großen Anklang, erregten aber auch den Unmut der religiösen Autoritäten. Die Apostelgeschichte berichtet, dass seine Gegner ihn der Gotteslästerung bezichtigten.
Vor den Hohen Rat gestellt, hielt Stephanus eine leidenschaftliche Verteidigungsrede. Er schilderte die Geschichte Israels, prangerte die Verstocktheit seiner Ankläger an und bezeugte unerschrocken seine Vision von Jesus Christus zur Rechten Gottes. Diese mutigen Worte entfachten tödliche Wut: Stephanus wurde vor die Stadt geschleppt und gesteinigt.
Seine letzten Worte zeugen von tiefem Glauben und einer außergewöhnlichen Fähigkeit zur Vergebung: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apg 7,60). Damit folgte er dem Vorbild Jesu, der am Kreuz für seine Peiniger betete.
Der erste Märtyrer der Christenheit
Stephanus ist nicht nur der erste Märtyrer des Christentums, sondern auch ein Symbol für die Opferbereitschaft und Standhaftigkeit im Glauben. Sein Tod markierte den Beginn einer langen Tradition von Märtyrern, die ihr Leben für Christus hingaben. Interessanterweise war Saulus, der spätere Apostel Paulus, Augenzeuge der Steinigung und bewachte die Kleider der Vollstrecker (Apg 7,58).
Ein Heiliger mit umfassender Verehrung
Seit dem 4. Jahrhundert wird Stephanus als Heiliger verehrt. Seine Reliquien wurden 415 wiederentdeckt und später in der Kirche Sankt Laurentius vor den Mauern in Rom bestattet. Im Volksglauben ist er Patron der Pferde und Kutscher, Maurer, Steinhauer und Weber. Auch heute erinnern Pferdesegnungen und Rotweinrituale an sein Leben und Martyrium.
Stephanus ist zudem Schutzpatron von Rom, Corvey, Passau, Beckum im Münsterland und des Bistums Wien. Gläubige rufen ihn gegen Besessenheit, Steinleiden, Seitenstechen und Kopfweh an. Ebenso wird er als Fürsprecher für einen guten Tod verehrt.
Attribute und Symbolik
Als Attribut wird Stephanus oft als Diakon mit Steinen in der Hand oder auf seinem Haupt dargestellt – ein Verweis auf sein Martyrium durch Steinigung. Diese Symbole stehen für seine Bereitschaft, für seinen Glauben zu sterben.
Bauernregeln rund um Stephanus
Der Stephanstag ist auch im Volksglauben verankert. Bauernregeln reflektieren die Bedeutung des Wetters an diesem Tag für das kommende Jahr:
„Bringt St. Stephan Wind, die Winzer nicht fröhlich sind.“
„Windstill muss St. Stephan sein, soll der nächste Wein gedeih'n.“
Eine zeitlose Botschaft
Der Gedenktag des Stephanus direkt nach Weihnachten lädt dazu ein, über die Botschaft von Christi Geburt nachzudenken: Liebe, Hingabe und die Bereitschaft, auch in schwierigen Zeiten Zeugnis für den Glauben abzulegen. Stephanus zeigt, dass wahre Stärke in Vergebung und Treue liegt – eine zeitlose Botschaft, die auch heute nichts von ihrer Relevanz verloren hat.