Der Papst ist nicht nur das Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern auch das Staatsoberhaupt des kleinsten Staates der Welt – des Vatikans. Doch was passiert, wenn er aufgrund von Krankheit oder anderen Umständen nicht handlungsfähig ist? Ein Stellvertreter für das Papstamt existiert nicht, denn die Autorität des Pontifex ist einzigartig und nicht delegierbar. Dennoch läuft der Betrieb weiter – mit alten Traditionen, klaren Regularien und einer gut eingespielten Maschinerie.
Entscheidungen trotz Krankheit – Die Macht einer Unterschrift
Auch wenn dem Papst absolute Ruhe verordnet wird, bedeutet das nicht, dass der Vatikan stillsteht. Bestimmte Entscheidungen wie Bischofsernennungen oder Regierungsakte im Vatikanstaat können weiterhin getroffen werden – eine einfache Unterschrift oder Paraphe reicht aus. Papst Franziskus etwa nutzt das Kürzel „F“, um Dekrete in Kraft zu setzen. Dadurch können zentrale Prozesse weiterlaufen, selbst wenn der Papst sich im Krankenhaus befindet.
Der Einfluss der Kurie – Wer hält das System am Laufen?
Die römische Kurie, das administrative Zentrum der Kirche, sorgt dafür, dass die täglichen Abläufe reibungslos weitergehen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die Nummer zwei im Vatikan, übernimmt außenpolitische Aufgaben und hält diplomatische Beziehungen aufrecht. Doch auch er kann den Papst nicht in geistlichen oder theologischen Angelegenheiten vertreten.
Für die Verwaltung ist der sogenannte „Substitut Seiner Heiligkeit“, derzeit Erzbischof Edgar Peña Parra, zuständig. Er kann rechtliche und finanzielle Dokumente unterzeichnen, doch die spirituelle Autorität des Papstes bleibt unantastbar.
Das Heilige Jahr läuft – doch der Papst fehlt
Ein Beispiel für die Funktionsfähigkeit des Vatikans trotz eines gesundheitlich angeschlagenen Papstes ist das Heilige Jahr. Seit der Veröffentlichung der offiziellen Eröffnungsbulle läuft die Planung: Pilgerreisen, Ablässe, Gottesdienste – all das findet auch ohne die physische Präsenz des Papstes statt. Doch sein Fehlen hinterlässt eine spürbare Lücke. Franziskus ist ein charismatischer Papst, dessen persönliche Ausstrahlung für viele Gläubige unersetzlich ist. Eine reine Verlesung seiner Ansprachen kann diese Lücke kaum füllen.
Der Präzedenzfall einer dauerhaften Handlungsunfähigkeit
Ein Szenario, das bisher noch nie eingetreten ist, wäre die dauerhafte Handlungsunfähigkeit eines Papstes. In diesem Fall kommt eine besondere Klausel ins Spiel: Papst Franziskus hinterlegte 2013 eine bedingte Rücktrittserklärung für den Fall, dass er aufgrund schwerer Krankheit nicht mehr regierungsfähig wäre.
Sollte es so weit kommen, läge es an Kardinalstaatssekretär Parolin, gemeinsam mit dem Dekan des Kardinalskollegiums – derzeit Kardinal Giovanni Battista Re – die Situation zu bewerten. Eine offizielle Verhinderungserklärung existiert bislang nicht im Kirchenrecht, doch sie könnte eine neue Regelung erforderlich machen.
Die Wahl eines neuen Papstes – Wer übernimmt das Zepter?
Sollte der Papst zurücktreten oder versterben, tritt das bewährte System der Papstwahl in Kraft. Der Dekan des Kardinalskollegiums beruft die Kardinäle aus aller Welt nach Rom, um in der Sixtinischen Kapelle einen neuen Pontifex zu wählen. Doch eine Besonderheit gibt es: Giovanni Battista Re hat die Altersgrenze für die Wahlleitung bereits überschritten, ebenso sein Stellvertreter Leonardo Sandri. Somit würde die Aufgabe dem rangältesten Kardinalbischof zufallen – und das könnte wiederum Kardinal Parolin sein.
Fazit: Ein Papst kann verhindert sein – aber der Vatikan funktioniert weiter
Die katholische Kirche ist eine jahrhundertealte Institution, die auf Kontinuität und Stabilität ausgelegt ist. Auch wenn das Amt des Papstes nicht ersetzt werden kann, sorgen jahrhundertealte Strukturen dafür, dass der Vatikan handlungsfähig bleibt. Die Frage bleibt jedoch: Wird es in Zukunft klarere Regelungen für eine dauerhafte Handlungsunfähigkeit eines Papstes geben? Die kommenden Jahre könnten hier richtungsweisend sein.
Quelle: kathpress, redigiert durch ÖA