25. Februar 2025 – Der Petersplatz füllt sich langsam mit Gläubigen, Kerzen flackern im kühlen Abendwind, Rosenkränze gleiten durch betende Finger. Doch anders als 2005, als Johannes Paul II. auf seinem Sterbebett in den Apostolischen Gemächern lag und die Menschen spontan zu Gebeten zusammenströmten, folgt die aktuelle Gebetswelle einer geplanten Choreografie des Vatikans. Papst Franziskus verbringt bereits die zweite Woche im römischen Gemelli-Krankenhaus, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, während die Kurie um Haltung ringt.
Eine improvisierte Tradition
Die katholische Kirche kennt Rituale für das Ende eines Pontifikats, doch was geschieht, wenn ein Papst schwer erkrankt, ohne sein Amt niederzulegen? Hier fehlt das Protokoll. Und so sucht der Vatikan nach Inspiration in der eigenen Geschichte: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, enger Vertrauter des Pontifex, führte das erste offizielle Gebet und bemühte sich um historische Parallelen. Er erinnerte daran, dass selbst der Apostel Petrus in Ketten die Gebete der frühen Christen empfing. Die Schola intonierte schließlich das lateinische Gebet aus dem Römischen Messbuch: "Beten wir für unseren Pontifex Franziskus. Der Herr behüte ihn und erhalte sein Leben; er lasse ihn gesegnet sein auf Erden und übergebe ihn nicht dem Hass seiner Feinde."
Ein Satz, der Brisanz birgt. Denn wenn auch kaum Feinde des Papstes unter den Betenden zu finden sind, so reihen sich dort durchaus Männer ein, die sich mit Franziskus überworfen haben – manche von ihnen mit tiefen, schmerzhaften Narben.
Kritiker im Gebet – ungeliebte Verbündete
Die Liste derer, die Franziskus' Kurs offen oder subtil infrage stellten, ist lang. Zu nennen wären da der US-Kardinal Raymond Leo Burke, einst einflussreicher Kirchenjurist und strikter Vertreter traditioneller katholischer Werte. Franziskus entzog ihm nahezu jede Position im Vatikan, Gerüchten zufolge sollte ihm sogar die Dienstwohnung genommen werden. Und dennoch betete Burke mit gesenktem Haupt auf dem Petersplatz.
Kaum weniger bemerkenswert ist die Anwesenheit von Kardinal Angelo Becciu. Er fiel tief: Als rechte Hand des Papstes in finanzpolitischen Angelegenheiten entlassen, nach einem millionenschweren Immobilienskandal vor Gericht gestellt und zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt, ist seine rückhaltlose Loyalität zu Franziskus inzwischen Geschichte. Doch auch er kniete sich in die Reihen der Betenden.
Ebenfalls dabei: Gerhard Ludwig Müller, deutscher Kurienkardinal und ehemaliger Präfekt der Glaubenskongregation. 2017 entmachtete ihn Franziskus, nachdem theologische Differenzen unüberbrückbar geworden waren. Doch nun stand Müller neben den Getreuen des Papstes, um für seine Gesundheit zu bitten.
Eine gespaltene Kirche – vereint in Unsicherheit
Nicht nur im Gebet, sondern auch in der aktuellen Debatte um einen möglichen Rücktritt des schwer erkrankten Papstes zeigt sich eine ungewohnte Allianz. Während der als progressiver Franziskus-Freund bekannte Kardinal Matteo Zuppi vehement gegen einen Amtsverzicht argumentiert, stimmt ihm ausgerechnet der konservative Müller zu. Ein Zeichen, dass selbst die innerkirchlichen Gegensätze angesichts der ungewissen Zukunft des Papsttums einer pragmatischen Solidarität weichen.
Doch was bedeutet dies für die katholische Kirche? Die Krankheit von Papst Franziskus hat eine Kurie aufgeschreckt, die in den letzten Jahren immer wieder von internen Machtkämpfen und Affären erschüttert wurde. Während sich die Kardinäle im Gebet versammeln, laufen hinter verschlossenen Türen bereits die strategischen Planungen für die Zukunft.
Die Weltkirche blickt in diesen Tagen mit gespannter Aufmerksamkeit auf Rom – nicht nur in Sorge um das Leben des 87-jährigen Pontifex, sondern auch mit der Frage, wie lange der brüchige Friede unter seinen Anhängern und Kritikern noch Bestand haben wird.
Quelle: kathpress, redigiert durch ÖA