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Fastenbotschaft 2025 Bild: Hilmar J. Grutschnig / ÖA

Liebe Schwestern und Brüder!

In diesen Tagen beginnt für uns eine Zeit des Nachdenkens, des Fastens und der Vorbereitung auf das Fest des Todes und der Auferstehung Jesu.
Das Evangelium des ersten Fastensonntags erzählt uns von einer ebenfalls 40 Tage dauernden Fastenzeit Jesu, die aber viel radikaler ausfällt als unsere Bemühungen: Jesus wird vor dem Beginn seines öffentlichen Auftretens vom Geist in die Einsamkeit der Wüste geführt, und er isst die ganzen 40 Tage nichts. Anders als bei Mose oder Elia im Alten Testament bereitet ihn das Fasten allerdings nicht auf eine Gottesbegegnung vor, sondern am Ende dieser Zeit, als ihn hungert, tritt wie aus dem Nichts der Teufel auf und unterbreitet ihm drei verlockende Angebote.
Bei diesen Versuchungen geht es nicht um die Frage der Resilienz, etwa wie lange man die Einsamkeit und das Fasten noch durchhalten könne, oder zu welchen Verbrechen oder Ausschweifungen Jesus in dieser Ausnahmesituation bereit wäre. Es entspinnt sich vielmehr ein theologischer Disput, in dem die Sendung und das Selbstverständnis Jesu auf dem Prüfstein steht.
Die eigentliche Versuchung betrifft nicht die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse, die Lust am Essen oder die Freude an der Gemeinschaft. Sie besteht vielmehr in der Verführung zum Missbrauch der Macht über andere Menschen, der Verlockung, in der Öffentlichkeit als von Gott bevorzugter, unverwundbarer Macher dazustehen.
Jesu Antworten scheinen auf den ersten Blick recht allgemein und unbefriedigend: Er weist die Versuchungen nicht dadurch zurück, dass er auf seine seelische Stärke, auf seine moralische Integrität verweist. Er antwortet vielmehr mit theologischen Überlegungen in den Worten der schriftlichen Überlieferung, die er mindestens so gut zu kennen scheint wie sein Widerpart. Jesu Worte ordnen die Versuchungen sowie ihn selbst und seinen Auftrag in das Ganze des Offenbarungsgeschehens ein.
Nicht im Bewusstsein seiner göttlichen Gewalt über alle anderen wird sich Jesus als der Christus, als der von Gott gesandte Messias erweisen, sondern in seinem Gehorsam, seiner Bereitschaft zum Dienst, der Hingabe seines Lebens für die vielen. Nur so kann für uns Christen in der Botschaft, im Sterben und in der Auferweckung Jesu jene Göttlichkeit aufscheinen, die nicht in der Kontrolle und in der Überwältigung des anderen besteht, sondern darin, alles aus dem Nichts erst ins Dasein kommen zu lassen, ihm Raum zu geben und seine Zeit hindurch in Liebe zu erhalten.
Von daher können wir auch besser verstehen, warum Jesus trotz seiner überwältigenden pastoralen Erfolge seltsam zurückhaltend geblieben ist. Immer wieder zieht er sich vor den Menschen in die Einsamkeit zurück. Zeichen zur Demonstration seiner Macht lehnt er ab. Wunder geschehen vor allem in der direkten persönlichen Begegnung. Bei Markus verbietet Jesus den Geheilten, anderen davon zu erzählen. Der eigentliche wundersame Vorgang bleibt den Anwesenden verborgen wie die Vermehrung der Brote und Fische oder bei Johannes das Weinwunder auf der Hochzeit von Kana.
Auch die Militärseelsorge ist in der Nachfolge Christi Dienst an den Menschen, der sich immer an ihrem Grundauftrag orientieren muss: das Reich Gottes zu verkünden und die gemeinsame Religionsausübung der katholischen Heeresangehörigen auch unter den besonderen Bedingungen militärischen Dienstes zu ermöglichen und zu fördern. Gerade in einer Zeit knapper werdender Mittel im staatlichen wie im kirchlichen Bereich ist es entscheidend, regelmäßig zu prüfen, wie wir diesem Auftrag der aktuellen Lage entsprechend am besten nachkommen und was wir dafür notwendig brauchen.
In jedem Fall ist es erforderlich, nahe bei den Soldatinnen und Soldaten und ihren Familien zu sein, mit ihnen Gottesdienst zu feiern, sie auf die Taufe, Firmung oder Trauung vorzubereiten und erreichbar zu sein, wenn sie Rat oder Hilfe brauchen. Mit großer Aufmerksamkeit für ihre Sorgen und Anliegen sollen die Seelsorger sie auch in die Einsätze im In- und Ausland begleiten. Die Sicherstellung der Betreuung der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz angesichts des fortschreitenden Mangels an verfügbaren Seelsorgern war bereits eines der zentralen Themen während der Synodenwoche des Militärordinariats 2013 in Salzburg.
Eine zweite große Aufgabe, die mir als Bischof besonders wichtig ist, ist die religiöse und ethische Bildung aller Angehörigen der Militärdiözese. Sie besteht nicht in einem fixen, leicht abrufbaren Wissensvorrat, der der künstlichen Intelligenz zum beliebigen Abruf überlassen werden könnte. Sie bedarf der Aneignung durch jeden Einzelnen mit seiner Geschichte, seinen Fragen und seinen persönlichen Zugängen. Sie kann sich erst im persönlichen Gespräch, in der gemeinsamen Begegnung wirksam entfalten und bildet Haltungen mit aus, die unsere Entscheidungen beeinflussen und unser berufliches und privates Leben mitgestalten. Christlicher Glaube ist immer auf gemeinsame Erfahrung bezogen, wie sie uns in biblischen Texten, in Büchern, Liedern und Überlegungen, im freundschaftlichen Rat und vielen anderen schriftlichen und mündlichen Zeugnissen aus Vergangenheit und Gegenwart eröffnet ist. Gott spricht zu jedem einzelnen von uns und will uns selbst, unser Herz und unseren Verstand mit seinem Geist erfüllen, aber er macht das auf verschiedenen, oft verschlungenen und manchmal sehr überraschenden Wegen.
Christlicher Glaube ist nie nur mein Glaube oder der Glaube einer kleinen Gruppe, sondern er ist immer zugleich auch der Glaube der ganzen Kirche. Er verbindet Menschen seit zwei Jahrtausenden über politische, nationale und kulturelle Grenzen hinweg und kann auf diese Weise auch zur Förderung des Friedens beitragen. Deshalb ist es wichtig, gerade in den Streitkräften Zeichen für die universale Dimension des Christentums zu setzen: während der Auslandseinsätze, in denen österreichische Soldaten regelmäßig mit Soldaten anderer Nationen zusammenarbeiten, bei der jährlichen Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes und auch bei länderübergreifenden Treffen von Militärseelsorgern.
Wenn wir diese Schwerpunkte im Blick behalten, wird unser Dienst auch in den nächsten, finanziell herausfordernden Jahren vielgestaltig und fruchtbar sein.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen eine gesegnete österliche Bußzeit!

+ Werner Freistetter