Miksch stellt dabei jeweils einen Autor vor (Kurzbiographie und literarische Würdigung), um ihn in der Folge mit einer Reihe von Gedichten selbst zu Wort kommen zu lassen. Lediglich auf den letzten Seiten sind Einzelgedichte abgedruckt, darunter sechs Totenklagen auf Soldaten aus dem „Eckhartsboten“, in dem auch einige andere Autoren des Bandes bereits publiziert haben. Auch dessen Schriftleiter Fritz Stüber ist als Lyriker vertreten, er war während der NS-Zeit Schriftleiter des Neuen Wiener Tagblatts und nach dem Krieg Nationalratsabgeordneter (erst VdU, dann Freiheitliche Sammlung Österreichs).
Ein Großteil der Gedichte handelt von Kriegserlebnissen, wobei Auftrag und Leistung des Soldaten sehr affirmativ zur Sprache kommen, teilweise auch mit apologetischer Tendenz. An vielen Stellen wird die moralische Qualität des Handelns des Soldaten im Einsatz betont. Vorwort und Einleitung halten freilich fest, dass es nicht Ziel der Publikation sei, Krieg zu verherrlichen, im Gegenteil wisse gerade der Soldat aus erster Hand, „daß der Krieg nichts ist als das Grauen an sich.“ (S. 18)
Die meisten der Autoren dienten selbst als Soldaten, vorwiegend im Zweiten Weltkrieg. Eine Ausnahme ist etwa der in Wien geborene Kurt Dornau (Pseudonym von Kurt Turnovsky, sein richtiger Name bleibt in der Publikation ungenannt). Er verarbeitet freilich auch kriegsbezogene Erlebnisse, er wurde während des Zweiten Weltkriegs von den Engländern interniert und verbrachte 5 Jahre als Gefangener in Indien.
Von Miksch besonders hervorgehoben wird der promovierte Erdölgeologe Walter Berger. Er sei von allen Dichtern in diesem Band „wohl der bedeutendste – ein überragendes Talent jedenfalls, wahrscheinlich eine echte literarische Größe.“ (S. 23) Auch wenn man diesem Urteil wohl nicht folgen muss, beeindrucken seine Gedichte durch sprachliche Souveränität auch in der anspruchsvollen Form des Sonetts. Immer wieder begegnen Impressionen des Russlandfeldzugs („Wie viele Nächte hab ich so erlebt:/ Im Mantel eingehüllt auf bloßer Erde,/ Um mich im Dunkel Waffen, Wagen, Pferde –/ Und kühler Wind, der in den Gräsern webt“ S. 30). Neben Gedichten militärhistorischen Inhalts (z. B. „Alte Landsknechte 1529“ S. 52) macht sich Berger Gedanken zum „Wiener Neustädter Militär-Akademie-Ball“ („Sind wir nicht selber noch Damen und Herr’n/ Aus den versunkenen fürstlichen Zeiten, –/ Führen den Degen und reiten und streiten, –/ Träumen und schwärmen und lieben auch gern?“ S. 46) oder über das Leben („Du“), vielleicht das schönste Gedicht des ganzen Bandes (S. 45).
Militärseelsorge kommt im ganzen Buch nicht, Religion selten in den Blick, am ehesten noch in Kriegsweihnachtsgedichten, bei denen es aber eher um den Kontrast der Stimmungen geht und die Grenze zum Kitsch nicht immer fern ist (z. B. S. 180, 193f). Manchmal begegnet dem Leser ein Stoßgebet oder auch einmal die Freude über die Erleichterung offenbar nach einer Beichte (S. 123); manchmal klingen religiöse Ernüchterung und Zweifel an (z. B. S. 164, 166).
Am weitesten gibt Erich Sonntag religiösen Gedanken Raum. Sonntag, 1922 geboren, kämpfte im Zweiten Weltkrieg in Russland und war während der Entstehung des vorliegenden Bandes Major an der FLA-Truppenschule des Österreichischen Bundesheers. Das Gedicht „Einkehr vor dem Kampf“ endet mit der Strophe: „Gottsuchen und Gottfinden/ strömt in mich./ Wo die Zeit versinkt im Raum/ bleibt nur Er, und ich.“ (S. 204) „In einer Kirche, die der Krieg verschonte“, spricht das lyrische Ich mit Gott und weint (S. 205f.). In „Trost“ gibt es der vertrauensvollen Gewissheit Raum, dass Gott nicht allein lässt. (S. 207)
Herz unter dem Helm. Österreichische Soldatendichtung im 20. Jahrhundert. Ausgewählt von Hans Miksch, Krems/Donau 1968, 258 Seiten, Sprache: Deutsch
Buchnummer MBBA: 17026